Von Ulrich Heyden – 18. März 2022
Vor 30 Jahren wurde in Russland – unter Anleitung von US-Beratern – das Staatseigentum verscherbelt: Nach Bolivien wurde auch Russland eine Schocktherapie verordnet. Westliche Lobbyisten gingen damals bei der russischen Regierung ein und aus. Oligarchen übernahmen die Macht. Das Volk verarmte.
Als ich im Frühjahr 1993 in Moskau aus der U-Bahn kam und durch die langen Fußgängertunnel auf die Straße ging, sah ich sie stehen: Menschen in einfacher Kleidung mit einer Woll- oder Pelzmütze auf dem Kopf und mit einem Schild vor der Brust. Darauf stand nur das Wort „Kuplju“ („Ich kaufe“). Alle wussten, was da aufgekauft wurde: Voucher, das waren Berechtigungsscheine für den Erwerb von Aktien bei Staatsunternehmen. Alle Russen (Erwachsene und Kinder) bekamen ab dem 1. Oktober 1992 einen Voucher im Wert von 10.000 Rubel. Das waren damals 17 Dollar und etwas mehr als das durchschnittliche Monatseinkommen eines Ingenieurs, das damals bei 7.500 Rubel lag. Die Voucher waren keine Eigentumstitel, sondern Berechtigungsscheine für den Erwerb von Aktien von staatlichen Unternehmen. Jeder dieser Berechtigungsscheine hatte eine Nummer. Dass der Name des Voucher-Besitzers auf dem Dokument nicht eingetragen wurde, war beabsichtigt und öffnete später Betrügern Tür und Tor.