Von Martin Nowak – 26. August 2022
Vor einigen Wochen schockierten Bilder von Tonnen toter Fische in der Oder die Öffentlichkeit. Jüngste Berichte sprechen von 150 bis 200 Tonnen. Während das Sterben immer größere Ausmaße annimmt, klären Wissenschaftler langsam die Hintergründe der ökologischen Tragödie auf. Im Fokus steht dabei die explosive Ausbreitung einer Algenart. Derzeit wird von einer zweiten Todeswelle gesprochen, denn aufgrund von Regenfällen in Schlesien stieg die Oder kurzfristig um einen Meter an. Nun wurde alles nachgespült, was bisher aufgrund des Niedrigwassers liegen geblieben war. Die Welle könnte in den nächsten drei Tagen den unteren Flusslauf erreichen. Die sich flussabwärts sammelnden toten Fische entwickeln sich jedoch bereits jetzt zu einer neuen Todesfalle. Bevor die Oder ins Stettiner Haff einmündet, verzweigt sie sich in Nebenarme und den bei Stettin liegenden Dabie-See. Die Entsorgung findet nach wie vor überwiegend durch Freiwillige, örtliche Feuerwehr und Behörden statt, die in dem weiträumigen Gelände kaum hinterherkommen. Die Zersetzung großer Mengen toter Fische entzieht dem Wasser Sauerstoff und bildet in salzhaltigem Wasser zugleich Ammoniak. Zusammen mit der typischen Sommer-Oxidation, durch hohe Wassertemperaturen und verlangsamter Photosynthese wegen der Vertrübung des Wassers kommt es zu einem dramatischen Sauerstoffmangel bei gleichzeitiger Gefahr der Ammoniakvergiftung. Bei Stettin wurden am vergangenen Wochenende im Westarm der Oder 0,6 Milligramm Sauerstoff pro Liter gemessen. Der normale Gehalt beträgt vier Milligramm.