Von Gregor Link – 10. Januar 2024
Am Montag verständigte sich der Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses auf die Einführung einer Klausel, die die Kunstfreiheit faktisch abschafft und einen großen Schritt in Richtung einer Gleichschaltung der Kultur darstellt. Unter dem Vorwand des Kampfs gegen „Extremismus“, „Terrorismus“, „Diskriminierung“ und „Antisemitismus“ soll jeder mundtot gemacht werden, der die deutsche Kriegspolitik oder die Verbrechen Israels kritisiert. Kulturschaffende werden unter Generalverdacht gestellt.
In Förderbescheiden des Kultursenats wird künftig eine sogenannte „Antidiskriminierungsklausel“ enthalten sein, die die Zuwendungsempfänger verpflichtet, „alles Notwendige zu veranlassen, um sicherzustellen, dass die gewährten staatlichen Fördergelder keinen Vereinigungen zugutekommen, die als extremistisch und/oder terroristisch eingestuft werden“. Grundlage dafür seien die „Terrorliste“ der Europäischen Union (EU) und die „Verfassungsschutzberichte“ des deutschen Inlandsgeheimdiensts, erklärte Kultursenator Joe Chialo (CDU).
Insbesondere richtet sich die Klausel gegen jegliche Inhalte, die als „antisemitisch“ gemäß der Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) bezichtigt werden. Durch ihre „Verankerung in den Förderrichtlinien“ und eine „Selbsterklärungspflicht für Antragstellende“, so der Kultursenator, solle eine weitere „Sensibilisierung“ von Einrichtungen und Kulturschaffenden erfolgen. Die Definition der IHRA ist wissenschaftlich unhaltbar und wird von hunderten Wissenschaftlern und Historikern auf der ganzen Welt kritisiert.
Gegen die Einführung der Klausel protestierten am Montag hunderte Demonstranten vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. Ein offener Brief von Kulturschaffenden, der innerhalb weniger Tage über 4000 Mal unterzeichnet wurde, hatte gewarnt:
„Der Entzug finanzieller Förderung und öffentlicher Plattformen wird aktuell als Druckmittel eingesetzt, um kritische Positionen zur Politik der israelischen Regierung und zum Kriegsgeschehen in Gaza aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen. Die geplante Klausel erleichtert es Verwaltung und Politik, dieses Druckmittel zum Einsatz zu bringen und den Raum für notwendige Diskurse einzuengen.“