Von Peter Schwarz – 13. Februar 2024
Ende Januar hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius in mehreren Interviews erklärt, dass sich Deutschland auf eine direkte militärische Konfrontation mit Russland vorbereiten müsse. Nun hat der ranghöchste deutsche General, Generalinspekteur Carsten Breuer, diese Aussagen in einem ausführlichen Interview präzisiert.
Rheinmetall-Chef Armin Papperger, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius beim ersten Spatenstich für ein neues Munitionswerk in Niedersachsen [Photo by Rheinmetall]
„Wenn ich den Analysten folge und sehe, welches militärisches Bedrohungspotenzial von Russland ausgeht, dann heißt das für uns fünf bis acht Jahre Vorbereitungszeit,“ sagte er der Welt am Sonntag. „Das heißt nicht, dass es dann Krieg geben wird. Aber er ist möglich. Und weil ich Militär bin, sage ich: In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein.“
Unter „Kriegstüchtigkeit“ versteht Breuer neben einer gewaltigen Aufrüstung der Streitkräfte auch eine umfassende Militarisierung der Gesellschaft. Auf die Frage, was „der Unterschied zur Verteidigungsfähigkeit“ sei, antwortete er: „In Kriegstüchtigkeit steckt sehr viel mehr drin. Neben der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft geht es auch um den nötigen Mentalitätswechsel, dem wir uns unterziehen müssen. Es braucht eine Gedankenwende, sowohl in der Gesellschaft als auch und vor allem in der Bundeswehr.“
Nach der Einführung einer Dienstpflicht gefragt, antwortete Breuer, er strebe eine Lösung an, „die den militärischen Bedarf deckt. Und dieser militärische Bedarf ist für mich, zunächst einmal die Aufwuchsfähigkeit der Streitkräfte so sicherzustellen, dass wir in einem Krieg bestehen können.“
Breuer ist ein hochpolitischer General mit engen Verbindungen zum Regierungsapparat. Er hat Kommandos in verschiedenen Truppenteilen, im Kosovo und in Afghanistan ausgeübt und im Nato-Hauptquartier sowie mehrmals im Bundesverteidigungsministerium gearbeitet.
2015 ernannte ihn die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zum Beauftragten für das „Weißbuch 2016“, das als Leitfaden für sicherheitspolitische Entscheidungen dient. Das Weißbuch legte den Schwerpunkt auf den Aufmarsch gegen Russland in Osteuropa, den Einsatz der Bundeswehr im Inneren sowie eine massive Aufrüstung. 2021 berief Bundeskanzlerin Angela Merkel Breuer zum Leiter des Corona-Krisenstabs im Bundeskanzleramt. Seit März 2023 ist er Generalinspekteur der Bundeswehr.
Breuers Kriegsaufruf geht mit einer Kriegshysterie einher, die von sämtlichen Bundestagsparteien, den Medien, diversen Thinktanks sowie den Gewerkschaften geschürt wird. Die Forderungen reichen von einer weiteren Aufstockung des Rüstungsetats über die Wiedereinführung der Wehrpflicht bis zum Aufbau einer deutschen oder europäischen Atomstreitmacht.
Bundeskanzler Olaf Scholz beteiligte sich am Montag vor laufenden Fernsehkameras am Spatenstich für eine Erweiterung der Rheinmetall-Munitionsfabrik im niedersächsischen Unterlüß. Armin Pappberger, der Chef der zweitgrößten deutschen Waffenschmiede, brüstete sich, Rheinmetall werde 2025 bis zu 700.000 Artilleriegeschosse pro Jahr produzieren, „eine ausreichende Menge, um Europa versorgen zu können“. Sein Unternehmen plane, den Umsatz in diesem Jahr auf 10, in zwei Jahren auf 15 und in sieben bis acht Jahren über 20 Milliarden Euro zu steigern. Statt 20 würden dann 40 Prozent des Umsatzes auf Deutschland entfallen.
Die Medien haben die Blockade von Geldern für den Ukrainekrieg durch die US-Republikaner und abfällige Äußerungen ihres Präsidentschaftskandidaten Donald Trump über die NATO begierig aufgegriffen, um nach europäischen Atomwaffen zu rufen.