Von Stefan Steinberg – 28. Februar 2024
Die Internationalen Filmfestspiele in Berlin (Berlinale) heben sich von ähnlichen Festivals durch die Möglichkeit einer Teilnahme der Öffentlichkeit ab. Ihr jährlicher Publikumspreis ist eine begehrte Auszeichnung und ein Indikator für die Präferenzen des deutschen Publikums, die oft im Gegensatz zur Meinung professioneller Filmkritiker stehen.
Die Tatsache, dass der Dokumentarfilm „No Other Land“ bei der diesjährigen Berlinale den Panorama Publikums-Preis gewonnen hat, ist ein schwerer Schlag gegen das deutsche politische Establishment und die Medien. Zusätzlich zum Publikums-Preis wurde der Film auch mit dem Dokumentarfilmpreis der Berlinale ausgezeichnet.
… „No Other Land“ [wurde] bereits bei der Weltpremiere zu Beginn des Festivals mit lang anhaltendem Beifall aufgenommen. Der Film stammt von dem palästinensisch-israelischen Kollektiv von Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor. Er erzählt von der brutalen Vertreibung palästinensischer Bewohner aus Masafer Yatta, einer Siedlung mit 19 Dörfern südlich von Hebron im Westjordanland. Die Jury der Berlinale erklärte in ihrer Begründung für die Preisverleihung, No Other Land gehe „unter die Haut“ und zeige die „unmenschliche, ignorante Politik der israelischen Regierung“.
Der Film stieß offensichtlich auf große Resonanz bei den Schichten der deutschen Bevölkerung, die die völkermörderische Politik der israelischen Regierung in Gaza und dem Westjordanland mit wachsender Abscheu, Wut und Ablehnung betrachten.
Die deutschen Medien haben die Vorführung von „No Other Land“ zunächst weitgehend ignoriert. Den Publikums-Preis und die vielen Solidaritätsbekundungen mit der Notlage der Palästinenser im belagerten Gaza bei der abschließenden Preisverleihung am Samstagabend konnten sie jedoch nicht ignorieren.
Bei dieser Gelegenheit bedankte sich Co-Regisseur Basel Adra bei der Entgegennahme des Preises für „No Other Land“ bei der Jury und erklärte: „Ich bin hier, um den Preis zu feiern, aber es fällt mir auch sehr schwer zu feiern, wenn Israel in Gaza zehntausende Angehörige meines Volks abschlachtet und massakriert. … Ich bitte Deutschland, während ich hier in Berlin bin, nur darum, die Forderungen der UN zu respektieren und Israel keine Waffen mehr zu schicken.“
Auf diese Erklärung reagierte das Publikum in dem riesigen Berlinale-Palast mit lautem Applaus. Der zweite Co-Regisseur des Films, der israelische Journalist Yuval Abraham, erklärte: „Ich bin Israeli, Basel ist Palästinenser. Und in zwei Tagen werden wir in ein Land zurückkehren, in dem wir beide nicht gleich sind … Diese Situation der Apartheid zwischen uns, diese Ungleichheit muss aufhören.“
Später schrieb er auf X: „In Israel hat Kanal 11 diesen 30-sekündigen Ausschnitt aus meiner Rede übertragen, ihn verrückterweise ,antisemitisch‘ genannt – und seither erhalte ich Morddrohungen. Aber ich stehe hinter jedem Wort.“