Von German-Foreign-Poicy.com – 11. April 2024
Deutschland steht in Den Haag wegen möglicher Beihilfe zum Völkermord vor Gericht. Grund sind deutsche Waffenlieferungen an Israel, das sich wegen eines etwaigen Genozids im Gazastreifen verantworten muss.
Deutschland muss sich erstmals vor dem höchsten UN-Gericht wegen etwaiger Beihilfe zum Völkermord verantworten. Eine entsprechende Klage Nicaraguas hat zu Wochenbeginn zu öffentlichen Anhörungen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag geführt. Managua wirft Berlin vor, Israel politisch wie auch mit Waffenlieferungen zu unterstützen, obwohl dessen Kriegführung im Gazastreifen gegenwärtig vom Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag auf einen möglichen genozidalen Charakter untersucht wird. Der IGH erkennt zumindest plausible Anhaltspunkte für einen Genozid. Bestätigte sich der Verdacht, dann hätte sich die Bundesregierung mit der Genehmigung von Rüstungsausfuhren nach Israel der Beihilfe zum Völkermord schuldig gemacht. Eine erste förmliche Stellungnahme des IGH wird noch im April erwartet. In mehreren westlichen Staaten haben Gerichte, Parlamente oder Konzerne inzwischen Rüstungsgeschäfte mit Israel gestoppt, um einen offenen Bruch des Völkerrechts zu vermeiden. Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen übersteigt mittlerweile 33.400, darunter Dutzende Palästinenser, die an Unterernährung oder an Wasserentzug verstarben.
Erste Anordnungen des IGH
Faktisch hängt das Resultat von Nicaraguas Klage gegen Deutschland vom Resultat von Südafrikas Genozidklage gegen Israel ab. Südafrika wirft Israel vor, im Gazastreifen einen Genozid zu begehen, und hat am 29. Dezember 2023 ein entsprechendes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag angestrengt. Zugleich reichte Pretoria mehrere Eilanträge ein, denen der IGH – nach einer öffentlichen Anhörung vom 11. und 12. Januar – am 26. Januar in einer einstweiligen Anordnung teilweise stattgab. In ihr forderte das höchste Gericht der Vereinten Nationen Israel auf, umgehend sicherzustellen, dass seine Kriegführung keinen der Tatbestände aus Artikel II der Völkermord-Konvention erfüllt. Dies bezog sich unter anderem darauf, dass die israelische Regierung eine angemessene Versorgung der Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Nahrung und Medikamenten verhinderte. Am 28. März legte der IGH mit einer zweiten einstweiligen Anordnung nach. Darin stellte er fest, im Gazastreifen bestehe nicht nur das „Risiko einer Hungersnot“; die Hungersnot habe mittlerweile sogar schon „begonnen“. So seien mindestens 31 Menschen, davon 27 Kinder, an Unterernährung oder Wasserentzug gestorben. Der IGH ordnete deshalb erneut eine angemessene Versorgung im Gazastreifen an.