von Artem Avakimovi (Einleitung/Übersetzung: Thomas Röper) – 22. April 2024
In Georgien ist es wegen eines Gesetzentwurfes über ausländische Agenten zu einem Konflikt zwischen Regierung und Opposition gekommen und es gibt Proteste auf der Straße. Schon Ende 2023 wurde in Georgien der Boden für eine mögliche Farbrevolution bereitet.
Bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, muss ich noch einmal darauf hinweisen, was Gesetze über ausländische Agenten sind. Dabei handelt es sich um Gesetze, mit denen ein Staat versuchen will, seine Politik vor Einmischungen aus dem Ausland zu schützen, indem er politisch tätige Personen und Organisationen, die aus dem Ausland finanziert werden, zwingt, die Finanzen offenzulegen und ihre Veröffentlichungen als von ausländischen Agenten stammend zu kennzeichnen.
Da es vor allem westliche NGOs sind, die sich in die Politik anderer Staaten einmischen, wären vor allem sie von solchen Gesetzen betroffen, wenn sie in nicht-westlichen Ländern eingeführt werden. Das erklärt den Widerstand des Westens gegen die Einführung solcher Gesetze außerhalb des Westens, während viele westliche Länder selbst solche Gesetze haben oder gerade einführen, um sich selbst vor ausländischer Einmischung (nicht-westlicher) Staaten in ihre Politik zu schützen. […]
Georgien ist ein Land, das für die Beitritte zur EU und zur NATO im Gespräch ist. Nach dem Kaukasuskrieg 2008 hat Georgien keine diplomatischen Beziehungen zu Russland mehr. Dennoch ist Russland für Georgien einer der wichtigsten Wirtschaftspartner, denn georgische Produkte sind in Russland beliebt und russische Touristen sind für Georgien ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftszweig. Die georgische Regierung hat sich daher trotz allen Drucks aus dem Westen entschieden, bei den anti-russischen Sanktionen nicht mitzumachen, weil das für das wirtschaftlich ohnehin schwache Georgien Selbstmord wäre. Diese Entscheidung war rein pragmatisch, sie ist kein Zeichen einer Russland-freundlichen Politik der georgischen Regierung.
Schon im März 2023 wollte die georgische Regierung ein Gesetz über ausländische Agenten einführen, was zu heftigen Protesten vor dem Parlament und aus den westlichen Ländern geführt hat. Am Ende ist die Regierung eingeknickt und hat den Gesetzentwurf zurückgezogen.
Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili ist gebürtige Französin und eine radikale Anhängerin des pro-westlichen Kurses Georgiens und steht in der ersten Reihe der anti-russisch eingestellten Politiker des Landes. Zur Zeit der Proteste vor einem Jahr war sie in den USA und hat die Demonstranten von dort zu Protesten gegen die Regierung angefeuert, anstatt selbst nach Hause zu reisen.
Auch wenn die georgische Regierung das Gesetz wieder zurückgezogen hat, scheint man im Westen misstrauisch geworden zu sein und sich absichern zu wollen. Im September 2023 hat die georgische Regierung den USA vorgeworfen, dass USAID in Georgien Gruppen finanziert, die einen Umsturz im Land anstreben, was die US-Regierung natürlich dementiert hat.
Daraufhin brachte die Regierung ein Gesetz ein, dass die Aufstellung von Zelten bei Demonstrationen verbietet. Das war eine Reaktion auf die übliche Vorgehensweise bei von den USA unterstützten Farbrevolutionen, bei denen Demonstranten Zeltstädte errichten, um ihren Protest ununterbrochen durchführen und die mediale Aufmerksamkeit erwecken zu können. Gegen dieses Gesetz hat Präsidentin Surabischwili umgehend ihr Veto eingelegt. […] Nachdem die Regierung nun einen zweiten Anlauf gemacht hat, ein Gesetz über ausländische Agenten ins Paralement zu bringen, hat sich das Spiel von 2023 wiederholt. Die pro-westlichen NGOs brachten ihre Anhänger auf die Straße, und es gab – auch gewaltsame – Proteste inklusive der Versuches, das Parlament zu stürmen und Zusammenstößen mit der Polizei und einigen Verhaftungen. Trotzdem wurde das Gesetz letzte Woche in erster Lesung durch das Parlament gebracht, während die Proteste auf den Straßen weitergehen und auch die EU, die USA und die NATO gegen das Gesetz protestieren und behaupten, das Gesetz gefährde den Integrationskurs des Landes in die EU. Am Tag der ersten Lesung traf sich Präsidentin Surabischwili demonstrativ mit den Botschaftern aus Österreich, Bulgarien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Litauen, Polen, Slowenien, Frankreich, Tschechien und den USA, worauf der georgische Regierungschef die Präsidentin als „ausländische Einflussagentin“ bezeichnete.