Von Tino Jacobson und Markus Salzmann – 3. Juli 2024
Nachdem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Ampel-Regierung mit der Krankenhausreform die Gesundheitsversorgung massiv angegriffen haben, plant die Regierung die nächsten Kürzungen.
Ende Mai sprach Lauterbach in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland von einem „akuten Problem in der Pflegeversicherung“. In den letzten Jahren sei „die Zahl der Pflegebedürftigen geradezu explosionsartig gestiegen“, behauptete der Minister. „Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000.“
Lauterbach betreibt ein Spiel mit falschen Zahlen, um einen Vorwand für eine rasche „Reform“ – sprich: massive Einschnitte – in die Pflegeversicherung zu liefern. Nimmt man seine Aussage wörtlich, könnte man glauben, die Zahl der Pflegebedürftigen sei im vergangenen Jahr schlagartig auf das Siebenfache des Erwarteten gestiegen. Das ist aber gelogen.
2017 wurde die Pflegebedürftigkeit neu definiert. Seither gibt es auch bei Demenz und ähnlichen Erkrankungen einen Anspruch auf Pflege. Bereits damals war klar, dass die Zahl der Pflegebedürftigen um mindestens 200.000 pro Jahr ansteigen würde, und nicht nur um die 50.000, mit denen aus demografischen Gründen ohnehin zu rechnen war.
Tatsächlich stieg die Zahl pro Jahr um durchschnittlich 326.000. 2023 erhöhte sie sich um 361.000, also 35.000 mehr als im Schnitt der vorangegangenen Jahre. Bei einer Gesamtzahl von über 5 Millionen Pflegebedürftigen ist dies kein „explosionsartiger Anstieg“.
Lauterbach selbst geht davon aus, dass eine tiefgreifende Reform der Pflegeversicherung erst in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden kann. Daher gibt es noch kaum Details zu den Plänen. Es zeichnet sich aber bereits ab, dass unter anderem die kostenintensiven Versorgungsformen im stationären Bereich zugunsten einer günstigeren ambulanten Versorgung schlechter finanziert werden sollen; und vor allem soll die private Vorsorge ausgebaut werden.
Aktuell arbeitet eine Expertenkommission Vorschläge zur „zukunftssicheren Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung” aus. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien auf die Einsetzung einer solchen Kommission verständigt.
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