Von Julian Assange – 2. Oktober 2024
Am 1. Oktober hielt Julian Assange vor dem Europarat in Straßburg eine viel beachtete Rede über den mit den USA ausgehandelten Deal, den Preis, den er für seine Freiheit zahlen musste („Um frei zu sein, musste ich mich des Journalismus schuldig bekennen“), die Arbeit von WikiLeaks, die Auswirkungen des US-Spionagegesetzes auf die Pressefreiheit in Europa und weltweit, die Vergeltungsaktionen der CIA gegen ihn und die Unterdrückung des Journalismus im Namen angeblicher westlicher Werte. Die NachDenkSeiten dokumentieren die Rede für ihre Leser in deutscher Übersetzung. Von Redaktion.
Meine Damen und Herren, der Übergang von der jahrelangen Gefangenschaft in einem Hochsicherheitsgefängnis zur Anwesenheit hier vor den Vertretern von 46 Nationen und 700 Millionen Menschen ist eine tiefgreifende und surreale Veränderung. Die Erfahrung der jahrelangen Isolation in einer kleinen Zelle ist schwer zu vermitteln. Sie entzieht einem den Sinn für das eigene Ich, sodass nur noch die rohe Essenz der Existenz übrig bleibt.
Ich bin noch nicht ganz in der Lage, über das zu sprechen, was ich durchgemacht habe – der unerbittliche Kampf um das Überleben, sowohl körperlich als auch geistig. Auch kann ich noch nicht über den Tod durch Erhängen, Mord und medizinische Vernachlässigung meiner Mitgefangenen sprechen.
Ich entschuldige mich im Voraus, wenn meine Worte stocken oder wenn meine Präsentation nicht den Schliff hat, den Sie von einem so angesehenen Forum erwarten würden. Die Isolation hat ihren Tribut gefordert. Ich versuche, sie zu überwinden, und es ist eine Herausforderung, mich in diesem Rahmen zu äußern. Der Ernst des Anlasses und das Gewicht der anstehenden Fragen zwingen mich jedoch, meine Vorbehalte beiseitezuschieben und direkt zu Ihnen zu sprechen.