Naher Osten: „Die Niederlage des Siegers“

Interview mit Jacques Baud – Interview: Zeitgeschehen im Fokus – 31. Oktober 2024

Zeitgeschehen im Fokus: Wer wird als Verlierer das Schlachtfeld im Nahen Osten verlassen?

Jacques Baud: Nach einem Jahr Gaza-Konflikt ist es, wie der Titel meines Buches sagt, „Die Niederlage des Siegers“. In der Tat ist die Liste der israelischen „Erfolge“ ziemlich beeindruckend. So haben sie die Grenzgebiete im Norden des Landes verloren, in die die israelischen Bewohner wahrscheinlich nicht mehr zurückkehren werden. Die gleiche Situation herrscht übrigens auch um den Gaza-Streifen herum. Mit anderen Worten: Die Gewalt der israelischen Reaktion hat das dauerhafte Risiko einer palästinensischen Antwort (im Süden) oder einer Antwort der Hisbollah (im Norden) geschaffen. Das Paradoxe daran ist, dass Israel das Problem wahrscheinlich hätte lösen können, wenn es auf die Kritik des Rests der Welt gehört hätte. Da es diese Kritik jedoch abgelehnt hat, steht es nun vor einem dauerhaften Problem, das zu einer Schrumpfung des israelischen Territoriums führt.

Zeitgeschehen im Fokus: Was sind die Auswirkungen von Israels Vorgehen?

Jacques Baud: Die heftige israelische Reaktion, die die Aufmerksamkeit der Welt auf Gaza und die zivilen Opfer fokussierte (was seltsamerweise von vielen Schweizern gutgeheißen wird), hatte zwei Folgen. Die erste ist, dass sie die Bedeutung der Hamas und der Hisbollah als Akteure des Widerstands gegen Israel gestärkt hat. Sie hat sogar eine beispiellose Sympathiebewegung für die Palästinenser und die beiden Organisationen geschaffen. Übrigens wurde die Hisbollah, die 2016 auf Antrag der USA auf die Liste der terroristischen Bewegungen der Arabischen Liga gesetzt worden war, am 29. Juni wieder von dieser Liste gestrichen. Mit anderen Worten: Die Brutalität der israelischen Reaktion hat der Hisbollah Legitimität verliehen.

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