Von Stefano di Lorenzo – 31. Januar 2025
Erwartungsgemäß wurden die Präsidentschaftswahlen in Belarus von den westlichen Medien fast ausschließlich mit Pauschalkritik kommentiert: Es fehle diesen Wahlen die Legitimität, hiess es etwa. Stefano di Lorenzo hat sich die Zeit genommen und ist hingereist und hat dort auch mit dem sogenannten „Mann auf der Straße“ Kontakt aufgenommen, um zu erfahren, wie Präsident Lukaschenko beurteilt wird. Und siehe da: Es ist kein Zufall, dass es diesmal zu keinen namhaften Protesten kam, man lebt in Belarus nicht so schlecht, die Menschen haben, was sie brauchen. Doch man lese ihn selbst. (cm)
Die Wahlen in Belarus brachten erwartungsgemäß keine Überraschungen. Präsident Alexander Lukaschenko, der seit 1994 im Amt ist, hat mit fast 87 % der Stimmen erneut einen deutlichen Sieg erreicht. Die einzige Überraschung war vielleicht das Ausbleiben von Protesten, anders als im Jahr 2020, als das Land, zumindest in der medialen Darstellung, für einige Tage am Rande einer Revolution zu stehen schien. Eine solche Revolution hätte das Schicksal von Belarus für immer verändern können, ähnlich wie es sechseinhalb Jahre zuvor in der Ukraine geschehen war.
Beobachtern und normalen westlichen Bürgern mag Lukaschenkos Sieg — sein siebter Wahlsieg in 30 Jahren, um genau zu sein — absurd, unglaublich, unecht und diktatorisch erscheinen. Auch ein beträchtlicher Teil der belarussischen Bürger scheint so zu denken. Für viele in Belarus scheint Politik etwas Abstraktes zu sein, ein geheimes Machtspiel, auf das man als normaler Bürger keinen Einfluss hat. Sich darüber zu viele Gedanken zu machen, wäre nur Zeitverschwendung, solange der Staat den Bürgern die Freiheit lässt, zu arbeiten, Spaß zu haben und für ihre eigene wirtschaftliche Stabilität zu sorgen. „Die Regierung und das Volk in Belarus bewegen sich parallel zueinander, ohne sich jemals zu begegnen“, sagt Evgenia* (Name geändert), eine Frau, die seit zwanzig Jahren Russisch für Ausländer in Minsk unterrichtet.