Von Amalia van Gent – 10. August 2022
Armenier fürchten sich vor einer ethnischen Säuberung ihrer Landsleute auf Berg-Karabach – und zugleich vor neuen geostrategischen Verwerfungen. – Ob in der Ukraine, in Gaza oder auf Berg-Karabach: Der Phantasie eines jeden Machthabers, mit dem Leid und den Alpträumen der Menschen beliebig umzugehen, scheinen heutzutage keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. „Armenier, rennt nicht davon. Ihr werdet nur müde sterben“. Dieser Spruch schmückt die Abzeichen aserbaidschanischer Militärkommandos, die seit kurzem um das kleine, von Armeniern bewohnte Berg-Karabach eingesetzt werden. In der Mitte des Abzeichens ist Ismail Enver Pascha abgebildet. Für Leser, denen die Geschichte der Region nicht ganz vertraut ist: Ismail Enver Pascha war als mächtiger Verteidigungsminister des Osmanischen Reichs beim Vernichtungsfeldzug gegen die christlichen Minderheiten seines Landes führend. Rund 1.5 Millionen Armenier gingen zwischen 1915 und 1918 elendiglich zugrunde; es handelte sich um den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts in diesem makabren Ausmass, laut dem Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel „um einen Holocaust vor dem Holocaust“.