Kriegsvorbereitungen. Die geplante Blockade der Ostsee und die Rolle der baltischen Staaten dabei

Von Thomas Röper – 13. April 2025

In Europa wird seit Monaten darüber gesprochen, die Ostsee für russische Schiffe zu sperren. Das wird testweise bereits umgesetzt und parallel dazu spielen die baltischen Staaten eine wichtige Rolle dabei, Russland zu einem Krieg zu provozieren.

In den letzten Tagen wurde die Rolle der baltischen Staaten, und darunter vor allem Estlands, bei dem Versuch, die Friedensgespräche zwischen den USA und Russland zu stören, immer deutlicher. Die Falken in Europa, die sich in einer „Koalition der Willigen“ gegen Russland zusammenschließen und Truppen in die Ukraine schicken wollen, sind nicht an einem Frieden in der Ukraine, sondern an einer Eskalation des Krieges gegen Russland interessiert. Ihr Ziel ist es, Russland dauerhaft zu schwächen oder am besten als Staat zu zerschlagen, was auch offen gesagt wird. Frieden in der Ukraine wäre da kontraproduktiv.

Das ist nicht etwa meine bösartige Unterstellung, das wird offen gesagt, wofür ich ein paar Beispiele zeigen muss, bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, nämlich wie konkret die Kriegsvorbereitungen der Europäer in der Ostsee bereits sind.

„Frieden ist gefährlicher als Krieg“

Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen war Ende Februar in Kiew und da sagte sie, dass eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ukraine gefährlicher als ein Krieg sein könnte. Weiter sagte sie, es sei natürlich, dass viele Menschen eine friedliche Lösung oder einen Waffenstillstand bevorzugen würden, trotzdem wäre ein Frieden in der Ukraine tatsächlich gefährlicher als der aktuelle Krieg.

Als Begründung sagte Frederiksen, die US-Regierung von Donald Trump schaffe Unsicherheit in Bezug auf die NATO, die EU und den Konflikt in der Ukraine. Außerdem zweifle sie daran, dass der russisch Präsident Wladimir Putin für ein Friedensabkommen sei. Daher forderte die dänische Ministerpräsidentin die europäischen Staaten auf, die „selbst auferlegten“ roten Linien aufzuheben, „bevor es zu spät ist“.

Das war die klare Aufforderung, der Ukraine zu erlauben, Ziele tief in Russland anzugreifen und die dazu nötigen Waffen, wie beispielsweise die deutschen Taurus-Marschflugkörper, zu schicken. Wie wir gleich sehen werden, dürfte sie damit aber noch weit mehr gefordert haben.

Widerspruch hat sie dafür aus Europa keinen bekommen. Im Gegenteil, die „Koalition der Willigen“, die Frankreich und Großbritannien gegründet haben, spricht davon, Truppen in die Ukraine zu schicken. Inzwischen ist dabei auch offen nicht mehr von „Friedenstruppen“, sondern von „Unterstützungstruppen“ die Rede.

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Selenskij und die chinesischen Soldaten

Von Florian Rötzer – 12. April 2025

Der ukrainische Präsident Selenskij versucht weiterhin, mit chinesischen Männern, die auf russischer Seite kämpfen, die Trump-Regierung mehr auf seine Seite zu ziehen, aber auch die europäischen Unterstützer zu beeinflussen. Er hatte die ersten beiden auf ukrainischem Boden gefangenen Chinesen am Dienstag mit einem Video aus dem Hut gezogen, weil er vermutete, dass er damit im gerade ausgebrochenen amerikanisch-chinesischen Handelskrieg einen Keil zwischen Washington und Russland schlagen könnte, weil China angeblich direkt Russland militärisch unterstützt. Ob die Chinesen nicht schon länger in Gefangenschaft waren, ist nicht bekannt. Es gebe viele chinesische Soldaten auf der russischen Seite, betont Selenskij, das zeige, dass Moskau kein Interesse an einem Waffenstillstand habe und China nicht neutral sei.

Geglückt ist die Propagandacoup nicht wirklich, Washington zog nicht mir, nur Tammy Bruce, Sprecherin des US-Außenministeriums sagte zwar, das sei verstörend: „China ist ein großer Unterstützer von Russland im Ukraine-Krieg.“ Aber recht viel mehr kam nicht (Ukraine berichtet von Festnahme von Chinesen, die auf der Seite von Russland kämpfen). Daher schaltet Selenskij wieder stärker auf den Raketenangriff auf Kryvyi Rih, wo er behauptet, Russland habe absichtlich und „terroristisch“ Zivilisten angegriffen und 19 [Menschen], darunter Kinder, getötet (Kiew ist über ausbleibende Reaktion auf den Raketenangriff auf Krywyj Rih enttäuscht.) Er verlangt deswegen vom Westen mehr Patriot-Systeme. Moskau verweist auf Satellitenbilder, die zeigen würden, dass die Rakete präzise ein Restaurant getroffen habe, in dem ein militärisches Treffen stattgefunden habe. Suggeriert wird, dass die Zivilisten durch „unprofessionelle“ Bedienung der Luftabwehr getötet wurden.

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Warum die Sanktionen des Westens völkerrechtswidrig sind

Von Thomas Röper – 12. April 2025 18:08 Uhr

[…] Leser fragen mich immer wieder, warum ich behaupte, dass die Sanktionen, die der Westen einseitig gegen alle möglichen Länder der Welt [gegen Russland, den Iran, Syrien, Venezuela und so weiter] verhängt, völkerrechtswidrig seien. Schließlich, so wird mir gesagt, könne doch jedes Land der Welt selbst entscheiden, mit welchem Land es zu welchen Bedingungen Handel treiben will.

Das stimmt auch, aber Sanktionen sind etwas anderes. Sanktionen bedeuten, dass die sanktionierenden Länder von auch von anderen Ländern verlangen – und teilweise unter Androhung von weiteren Sanktionen zu erpressen versuchen -, dass sich auch der Rest der Welt den verhängten Sanktionen anschließt. Und das darf laut UN-Charta, also der Basis des heutigen Völkerrechts, nur der UNO-Sicherheitsrat, aber kein Land und auch keine Gruppe von Ländern. […]

In Artikel 2.7 der UN-Charta erfahren wir:

„Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt.“

Laut der UN-Charta darf sich also weder die UNO noch irgendein Staat in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen. Zwangsmaßnahmen, also Sanktionen oder gar militärische Gewalt, sind eine Ausnahme, die in Kapitel VII der UN-Charta geregelt sind.

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Atomabkommen: Die Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran und die Desinformation im „Spiegel“

Von Thomas Röper – 12. April 2025

Die USA und der Iran haben heute direkte Verhandlungen über eine Neuauflage des iranischen Atomabkommens geführt. Über die Ergebnisse ist noch wenig bekannt, aber bemerkenswert ist, wie viel Desinformation deutsche Medien wie der Spiegel über das Thema verbreiten.

Heute haben erste direkte Gespräche zwischen den USA und dem Iran über eine Neuauflage des Atomabkommens stattgefunden. Über die Ergebnisse der Gespräche ist noch wenig bekannt, aber beide Seiten sprachen von positiven und erfolgreichen Gesprächen und es heißt, die Gespräche sollten in der kommenden Woche fortgesetzt werden.

Da das in nächster Zeit öfter Thema in den Medien sein dürfte, will ich hier noch einmal daran erinnern, worum es dabei geht. Und natürlich werde ich aufzeigen, wie sehr deutsche Medien wie der Spiegel ihre Leser darüber desinformieren.

Das Atomabkommen

In den 2000-er Jahren wurde dem Iran vorgeworfen, an einer Atombombe zu arbeiten, was der Iran jedoch immer bestritten hat. Der Iran erklärt, sein Atomprogramm diene ausschließlich der zivilen Nutzung der Atomenergie.

Da der Iran sowohl für Israel als auch für die USA ein erklärter Feinde ist, machte der Westen Druck und verhängte Sanktionen gegen den Iran. Parallel dazu begannen ab 2006 Verhandlungen, in denen sich das Verhandlungsformat 5+1 (UNO-Sicherheitsrat plus Deutschland) herausbildete, das in Russland als „Große 6“ bezeichnet wurde, weil es aus den fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und Deutschland bestand.

Am 14. Juli 2015 schlossen der Iran und die „Großen 6“ einen 159-seitigen Vertrag mit dem Namen Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), auf Deutsch normalerweise schlicht „Atomabkommen“ genannt. Das Abkommen sollte die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen, die der UN-Sicherheitsrat, die USA und die EU gegen den Iran verhängt hatten, schrittweise aufheben, im Gegenzug schränkte der Iran seine nuklearen Aktivitäten ein. Die Umsetzung des JCPOA begann am 16. Januar 2016.

Der Iran erhielt in der Folge eine erhebliche Lockerung der Sanktionen, die die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behinderten. Die US-Regierung hob Sanktionen gegen 59 Personen (Bürger des Iran und anderer Länder), 385 Unternehmen, 77 Flugzeuge und 227 Schiffe (einschließlich Öltanker) auf. Darüber hinaus wurden Gelder aus Vermögenswerten, die in ausländischen Banken eingefroren waren, freigegeben, und ein Verbot des Kaufs iranischen Öls, ein Verbot von Investitionen im Iran und ein Verbot der Lieferung von Technologien für den dortigen Ölsektor aufgehoben. Den Iranern wurde wieder Zugang zum internationalen SWIFT-Abrechnungssystem gewährt und westliche Länder durften ihre finanziellen Kontakte mit dem Iran wieder aufnehmen.

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Nach Deutschland hat auch Estland ein Schiff gekapert und provoziert Russland zu militärischen Reaktionen

Von Thomas Röper – 12. April 2025

Nachdem Deutschland bereits im März ein Schiff mit russischem Öl gekapert und beschlagnahmt hat, hat nun auch Estland so einen Schritt unternommen. Diese Akte der Piraterie sollen Russland anscheinend zu einer militärischen Reaktion provozieren und den Krieg auf Europa ausdehnen.

Erst gestern habe ich in einem Artikel mit der Überschrift „Ukraine-Krieg – Mit welchem Trick Paris und London Europa in einen Krieg mit Russland ziehen wollen“ erklärt, mit welchen Tricks die Kriegstreiber in Europa offenbar versuchen, die Friedensverhandlungen zwischen Russland und den USA zu stören und den Krieg auf andere Staaten in Europa auszudehnen. […] Schon einen Tag später bestätigen die aktuellen Ereignisse diese These. Schauen wir uns also an, worum es geht und was aktuell geschehen ist. […]

In meinem gestrigen Artikel ging es darum, dass nach letzten Meldungen sechs Länder der sogenannten „Koalition der Willigen“ bereit sind, Truppen in die Ukraine zu schicken, was dazu führen wird, dass sie von der russischen Armee unter Feuer genommen werden und dass diese Länder praktisch sicher zu Kriegsparteien im Krieg gegen Russland werden. Interessanterweise sind ausgerechnet die drei baltischen Staaten, die gar keine nennenswerten militärischen Mittel haben, demnach bereit, sich an der Entsendung von Truppen und einem möglichen Krieg gegen Russland zu beteiligen.

Sollten die baltischen Staaten Kriegsparteien gegen Russland werden, könnte das dazu führen, dass Russland die militärische Infrastruktur der baltischen Staaten angreift, wo wiederum Truppen aus anderen NATO-Staaten (darunter Deutschland) stationiert sind, was die Gefahr birgt, dass diese Truppen – und damit auch ihre Herkunftsländer – in den Krieg hineingezogen werden.

Die baltischen Länder mit ihrer Grenze zu Russland und den bei ihnen stationierten Truppen aus anderen europäischen NATO-Staaten sind der ideale Ort, um eine Eskalation zu provozieren und den Krieg gegen Russland auf Europa auszuweiten.

Das scheint das Ziel der „Koalition der Willigen“ zu sein, die Frankreich und Großbritannien schmieden und die sich offen gegen eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg aussprechen. Mit einer Eskalation des Krieges, so deren wahrscheinliches Kalkül, müsste US-Präsident Trump die Gespräche mit Russland abbrechen und die Europäer militärisch beschützen.

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„Die Multipolare Welt“ – Mit oder gegen den Westen?

Von Éva Péli – 12. April 2025

Die Weltordnung im Wandel: Stephan Ossenkopp beschreibt in seinem Buch eine faszinierende multipolare Welt, in der der Globale Süden aufsteigt und traditionelle Machtstrukturen ins Wanken geraten. Er analysiert die Dynamik von BRICS, der Neuen Seidenstraße, der Shanghaier Organisation sowie anderer und wirft die Frage auf: Stehen wir vor einem Epochenwechsel, der unsere Zukunft grundlegend verändern wird? Eine Rezension von Éva Péli.

Mehr als 20 Jahre ignoriert, dann plötzlich diffamiert – so beschreibt Stephan Ossenkopp in seinem neu erschienen Buch über die „Multipolare Welt“ die Reaktion der deutschen Presse auf die Geschichte der Shanghai Cooperation Organisation (SCO). Es ist eines der größten Sicherheits- und Wirtschaftsbündnisses der Welt und repräsentiert Staaten mit mehr als 3,3 Milliarden Menschen. Der SCO-Gipfel in der kasachischen Hauptstadt Astana im Juni 2024 wie auch der BRICS-Gipfel (BRICS steht für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) im Oktober im russischen Kasan – Hauptstadt der Republik Tatarstan – seien von einer zentralen Idee bestimmt worden, so Ossenkopp. Aus Sicht des freien Journalisten und Experten für die multipolare Welt geht es um die Schaffung einer eurasischen Sicherheitsarchitektur, die auf den Prinzipien der UN-Charta sowie den „fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“ beruht.

Die SCO gehöre neben den BRICS zu den zentralen Plattformen für die Neuordnung der Sicherheit und der internationalen Beziehungen in Eurasien. Sie sei aber eine offene Architektur, die auch Ländern aus Europa und anderen Kontienten, einschließlich NATO-Staaten, offensteht. „Es ist ein Skandal, dass die westliche und insbesondere die deutsche Öffentlichkeit darüber völlig im Dunkeln gelassen wird“, so Ossenkopp.

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Trumps Zoll-Rückzieher und der Klassencharakter des kapitalistischen Staats

Von Patrick Martin – 12. April 2025

Donald Trump ist der Präsident der USA, aber er regiert im Namen einer kapitalistischen Oligarchie. Dies ist eine grundlegende politische Schlussfolgerung aus den Ereignissen der letzten drei Tage.

Die Grundzüge der Ereignisse sind klar. Trump leitete seinen Plan ein, drastische Zölle auf praktisch alle Länder der Welt zu erheben, erklärte, dass es keinen Rückzug geben werde, spottete über die Börsen im freien Fall und behauptete, jetzt sei eine „großartige Zeit zum Investieren“. Nur wenige Stunden später saß [er]mit zwei milliardenschweren Beratern, Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick, zusammen, die den Konsens an der Wall Street vermittelten, dass eine Finanzkatastrophe unmittelbar bevorstünde. Während sie den Fall vorantrieben, gab Trump auf seiner Plattform Truth Social eine Erklärung ab, in der er eine 90-tägige „Pause“ in seinem Zollkrieg ankündigte, mit Ausnahme von China.

Diese Ausnahme ist von entscheidender Bedeutung, da die US-Regierung ihren Wirtschaftskrieg gegen China, die Vorstufe zu offeneren Formen der Aggression, ausweitet. Der vorübergehende Aufschub der meisten anderen Zölle war jedoch eine klare Kehrtwende von Trump.

Die Financial Times titelte am Donnerstag: „Donald Trump beugt sich der Macht der Märkte.“ Vor diesem Umschwung hatte ein zweitägiger Ausverkauf am Aktienmarkt mehr als sechs Billionen Dollar vernichtet, wobei allein Apple 600 Milliarden Dollar an Marktwert verlor und andere Tech-Unternehmen, die den Großteil ihrer Produkte in Süd- und Ostasien herstellen, ähnliche Verluste hinnehmen mussten. Die amerikanischen Unternehmen übten breite Kritik an den Zöllen, doch Trump und seine Berater erklärten, die Krise würde abklingen und das Endergebnis der Zollpolitik werde das von Trump ausgerufene „neue goldene Zeitalter“ des amerikanischen Kapitalismus sein.

Noch bedeutsamer als der Einbruch der Aktienkurse war das Übergreifen der Finanzpanik auf den Anleihemarkt am Montag und Dienstag, wobei die Zölle erst am Mittwochmorgen in Kraft treten sollten. Besonders kritisch waren die Auswirkungen auf den Markt für US-Schatzwechsel – mit 28 Billionen Dollar der größte der Welt und globaler Referenzpunkt für Finanzgeschäfte.

Trump beobachtete den Rückgang des Anleihemarktes am Dienstag und sagte: „Ich habe gestern Abend gesehen, dass den Leuten ein bisschen mulmig wurde.“ Er gab zu, am Mittwochmorgen ein Interview von Jamie Dimon, CEO der Geschäftsbank JPMorgan Chase, mit Maria Bartiromo auf Fox Business gesehen zu haben, in dem Dimon sagte, dass eine Rezession ein „wahrscheinliches Ergebnis“ der Zollerhöhungen sei. „Ich sehe das Ganze gelassen, aber es könnte noch schlimmer werden“, warnte Dimon.

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Der Balanceakt Russlands zwischen Armenien und Aserbeidschan

Von Lucas Leiroz (Übersetzung: Thomas Röper) – 12. April 2025

In Kaukasus schwelt der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan, bei dem auch die Türkei und der Westen eine wichtige Rolle spielen. Wie kann Russland versuchen, die Lage zu stabilisieren?

Die Lage im Kaukasus mit seinen vielen Völkern und Staaten ist selbst für Experten kompliziert. Einer der akutesten Konflikte dort ist der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan – beides Länder, denen Russland traditionell nahe steht, was einen diplomatischen Balanceakt nötig macht.

Mit dem christlichen Armenien hat Russland traditionell enge Beziehungen und es war Russland, das den Armeniern vor hundert Jahren geholfen hat, als im Osmanischen Reich die Verfolgung der Armenier stattfand, die von vielen heute als Völkermord eingestuft wird. Aber der 2018 mit Unterstützung des Westens an die Macht gekommene Regierungschef Paschinjan will Armenien Richtung Westen führen und mit Russland brechen.

Aserbaidschan ist ein islamisches Land, mit dem Russland auch freundschaftliche Beziehungen unterhält. Aber die Türkei sieht sich als Schutzmacht Aserbaidschans an und hat Aserbaidschan in den letzten Kriegen in Bergkarabach unterstützt. Die Türkei will ihren Einfluss im Kaukasus ausbauen.

In Armenien wiederum sind US-amerikanische NGOs so aktiv, wie wohl in keinem [anderen] Land der Welt, um den pro-westlichen und anti-russischen Kurs von Paschinjan zu unterstützen.

Russland versucht, in der Region für Stabilität zu sorgen, weil es an weiteren Kriegen nahe seiner Grenzen nicht interessiert ist. Über den Balanceakt, der dazu nötig ist, habe ich bei einem russischen Thinktank einen interessanten Artikel [von Lucas Leiroz] gefunden [The delicate role of Russia in the Caucasus chessboard], der die Grundlagen dieser komplizierten Situation beleuchtet und den ich übersetzt habe, weil kaum jemand in Deutschland viel über die Probleme der Region und die Interessen der beteiligten Akteure weiß.

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Wall Street im Sturzflug: Aus „Euphorie“ wird Angst

Vom Nick Beams – 12. April 2025

Die Talfahrt an der Wall Street hat sich am Donnerstag fortgesetzt, nachdem das Weiße Haus klargestellt hatte, dass die Zölle für China 145 Prozent und nicht wie zuvor angegeben 125 Prozent betragen. Zudem wurden die enormen Auswirkungen eines umfassenden Wirtschaftskriegs zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt immer deutlicher.

Die 125-prozentigen Aufschläge setzen sich aus einem so genannten „reziproken Zoll“ sowie den Maßnahmen zur Reaktion auf Chinas Vergeltungsmaßnahmen zusammen. Sie kamen zu der 20-prozentigen Zollerhöhung hinzu, die Trump bereits vor dem „Tag der Befreiung“ am 2. April angekündigt hatte.

Nach der Euphorie von Mittwoch, als die Aktienkurse in die Höhe geschossen waren, weil ein 90-tägiger Aufschub für die „reziproken Zölle“ gegen zahlreiche Länder angekündigt wurde – in einigen Fällen bis zu 50 Prozent –, landeten die Börsen unsanft zurück auf dem Boden der Tatsachen.

Der S&P 500 fiel um 3,5 Prozent, nachdem er am Vortag um 9,5 Prozent gestiegen war. Der Technologie-Index NASDAQ fiel nach seinem besten Tagesergebnis seit 2001 um 4,3 Prozent, der Dow Jones um 2,5 Prozent.

An den Devisenmärkten fiel der Währungsindex des US-Dollars gegenüber einem Dutzend anderer Währungen erneut um 1,9 Prozent. Gleichzeitig mehren sich Fragen, was der Wirtschaftskrieg für den Status des Dollars als Weltreservewährung bedeutet.

Die Ereignisse der letzten Woche haben immer deutlicher gemacht, dass sich der Wirtschaftskrieg schwerpunktmäßig gegen China richtet und dass es bei den „Verhandlungen“ mit anderen Ländern vor allem darum gehen wird, von ihnen zu verlangen, sich den Zielen der USA in Bezug auf die „nationale Sicherheit“ anzupassen. Andernfalls drohen ihnen nach dem Auslaufen des 90-tägigen Aufschubs erhebliche Erhöhungen der Zölle.[…]

Die Auswirkungen sind bereits zu spüren. Laut einem Bericht des Wall Street Journal sind die täglichen Containerbuchungen auf der Handelsroute zwischen den USA und China seit Ende März im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel zurückgegangen. Weiter hieß es, einige US-Importeure hätten anstehende Lieferungen vorläufig gestoppt, andere würden sie einlagern, um auf Klärung zu warten, bevor sie die Zollabfertigung passieren. Gleichzeitig mehren sich die Berichte über den wirtschaftlichen Schaden, den die Zölle sowohl in China als auch in den USA bereits angerichtet haben, noch bevor die Auswirkungen der Zölle in vollem Umfang spürbar werden.

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Die USA – eine angeschlagene Zivilisation

Von Patrick Lawrence – 11. April 2025

[Globalbridge]-Kolumnist Patrick Lawrence ist, nach längeren Aufenthalten in Europa und in Mexico, wieder in die USA zurückgekehrt – und er hat Dinge gesehen, die er, wie er meint, nur gesehen hat, weil er eine Weile weg war. Und natürlich geht es vor allem um Donald Trump, der politische und wirtschaftliche Entscheidungen fällt und sie widerruft oder ändert in einem Tempo, wie Andere nur ihre Unterwäsche wechseln. Doch man lese ihn selbst … (cm)

Es kommt oft vor, dass man bei der Begrüßung eines Freundes oder eines Bekannten nach langer Abwesenheit Dinge sieht, die sonst unbemerkt geblieben wären: Die Haare sind grauer oder weniger geworden, man hat zu- oder abgenommen, um die Augen herum zeigt sich eine Angst oder Depression, die vorher nicht da war. Ich glaube, das passiert den meisten von uns irgendwann einmal. Und so kann es auch sein, wenn man nach einem längeren Auslandsaufenthalt in sein Heimatland zurückkehrt.

Ich teile diesen Gedanken bei meiner Ankunft in den USA nach vielen Monaten Abwesenheit – zuerst in Europa, dann in Mexiko. Und das, was ich salopp als meinen alten Freund bezeichnen möchte, lässt mich schockiert zurück. Mein alter Freund hat den Glauben an sich selbst verloren. Mein alter Freund hat keinen Plan. Mein alter Freund zeigt einen Anflug von Selbstzerstörung, den ich schon früher vermutet, aber nie gesehen hatte. Mein alter Freund Amerika ist am Scheitern.

Ich bin es, der jetzt ängstlich und deprimiert ist. Die offensichtlichste Ursache ist die erschreckende Inkompetenz von Präsident Trump und derer, mit denen er sich umgeben hat. Die Mainstream-Medien, die ich nur selten ernst nehme, wenn es sich nicht um Propaganda handelt, bezeichnen diese Regierung als „ein Experiment der Rücksichtslosigkeit“ (New York Times) oder „eine Clownshow“ (Bloomberg News). Joe Biden hat den Niedergang Amerikas um mehrere Größenordnungen beschleunigt. Donald Trump konfrontiert uns mit einer noch schärferen Realität: Achtzig Tage nach Beginn seiner zweiten Amtszeit müssen die Amerikaner akzeptieren, dass es kaum eine Chance gibt, diesen Abstieg in die, wie ich es ausdrücke, schiere Selbstzerstörung umzukehren.

Dies bringt mich zu einem zweiten Punkt, dem anderen, den ich nach einer gewissen Zeit der Abwesenheit feststelle.

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