Neue Töne deutscher Ukraine-Korrespondenten – was steckt dahinter?

Von Ulrich Heyden – 29. November 2024

Wer sich die Video-Berichte deutscher Korrespondenten aus der Ukraine anguckt, erkennt die Welt nicht wieder. Nachdem man jahrelang den Selenskyj-Hype gefüttert und fast ausschließlich „positive“ Geschichten aus der Ukraine brachte, spricht man jetzt unverblümt von der Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung, einer ausgelaugten ukrainischen Armee und von Flüchtlingen, die in Massen in die von russischen Truppen eroberte Stadt Mariupol zurückkehren. Die offenbar geplante Senkung des Einberufungsalters in der Ukraine auf 18 Jahre wird als „schrecklich“ bezeichnet. Was ist der Grund für diese realitätsnähere Berichterstattung? Eine Analyse von Ulrich Heyden.

Mit dem Stellungskrieg in der Ostukraine ist es vorbei. Die russische Armee erobert fast täglich eine Ortschaft. Nach Angaben des Institute for the study of war (ISW) in Washington haben die russischen Streitkräfte seit dem 1. September 2024 das Tempo ihrer Vorstöße in den Richtungen Pokrowsk, Kurachowo, Wuhledar und Welyka Nowosilka erheblich gesteigert und in diesen Gebieten seit dem 1. September 2024 mindestens 1.103 Quadratkilometer erobert. Im Vergleich dazu hatten die russischen Streitkräfte im gesamten Jahr 2023 aufgrund der ukrainischen Gegenoffensive nur 387 Quadratkilometer gewonnen. Das Erfolgsrezept der Russen: Zangenbewegungen gegen Ortschaften und Gebiete, mobile Einheiten, eine eingespielte Armee und offenbar eine hohe Motivation.

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Gut, dann reden wir eben über Kriegstüchtigkeit

Von Marcus Klöckner – 27. November 2024

Kriegstüchtigkeit – „Die Riesenaufregung über diesen Begriff war nur der Beweis dafür, dass unsere ganze Gesellschaft noch nicht in der ‚Zeitenwende‘ angekommen ist.“ Das sagte Sigmar Gabriel (SPD) am Wochenende in einem F.A.Z.-Interview. Und Boris Pistorius legte in Sachen Kriegstüchtigkeit nach. Auf einer Veranstaltung meinte er, die „Lage“ sei „ernst“ und Deutschland müsse schneller mehr investieren – für die „Kriegstüchtigkeit“. Sowohl Gabriels als auch Pistorius‘ Aussagen sind untragbar. Und so führt kein Weg daran vorbei: Gut, dann reden wir eben über „Kriegstüchtigkeit“.

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Jeffrey Sachs: Diplomatie oder Desaster

Von Ernst Burger – 27. November 2024

Das vor kurzem im Westend-Verlag erschienene neue Buch von Jeffrey Sachs „Diplomatie oder Desaster: Zeitenwende in den USA – ist Frieden möglich?“ fasst zahlreiche seiner Aufsätze, die in den letzten Jahren zum Ukraine-Krieg und dessen Vorgeschichte erschienen waren, systematisch zusammen. Eine Buchrezension von Ernst Burger.

Die aktuelle Einleitung vom August 2024 stellt in einem souveränen historischen Rückblick die Entwicklung der Beziehungen zwischen Russland bzw. der Sowjetunion und Deutschland dar: bis zum 2. Weltkrieg, die durch die deutsche Niederlage bewirkte Teilung Deutschlands, den Kalten Krieg und die Wiedervereinigung 1990 wesentlich bedingt durch Gorbatschow. Jeffrey Sachs betont die frühen Perspektiven einer deutschen Wiedervereinigung, beruhend auf einem Vorschlag von George Kennan bereits 1948/Anfang der 1950er-Jahre auf der Basis eines Friedensvertrages – den es nach wie vor nicht gibt (!) –, durch Neutralität und Abrüstung, den Abzug aller ausländischen Streitkräfte und politische Kontrolle der Siegermächte. Dies wurde ebenso abgelehnt wie danach, 1952, das bekannte Angebot von Stalin zu einer deutschen Wiedervereinigung auf der Grundlage von Neutralität. In allen Fällen von den USA verhindert wegen des Ziels einer Eindämmung der Sowjetunion und Aufrechterhaltung der außenpolitischen Kontrolle der USA über Westdeutschland (nach der bekannten, auch hier zitierten Prämisse von Lord Ismay, des ersten Generalsekretärs der NATO, dass deren Zweck darin bestehe, „die Sowjetunion draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten zu halten“).

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„Wir entscheiden selbst“

Von German-Foreign-Policy.com – 27. November 2024

Die EU gerät durch eigenmächtige Aktivitäten ihres Botschafters in Niger mit der Regierung dort in Konflikt. Niger setzt seinen Kampf um Eigenständigkeit auf ökonomischer Ebene fort und wird weiterhin von Europa aus attackiert.

Niger setzt sich gegen eigenmächtige Aktivitäten der EU auf seinem Hoheitsgebiet zur Wehr und verlangt die Ablösung des EU-Botschafters in Niamey. Gegenstand des Konflikts ist, dass der EU-Botschafter ohne Abstimmung mit der nigrischen Regierung und sogar gegen deren erklärten Willen eigenmächtig EU-Hilfen für die Opfer verheerender Überschwemmungen in Niger verteilt hatte. Nach Protesten aus Niamey hatte die EU den Botschafter zu Konsultationen zurückgerufen – wohl in der Hoffnung, Niger könne sich auf die Hilfen angewiesen sehen und in dem Streit einknicken. Das ist nicht der Fall. Niger hat sich seit dem Putsch vom 26. Juli vergangenen Jahres systematisch aus der Abhängigkeit besonders von Frankreich, aber auch von anderen Staaten des Westens zu lösen begonnen, kämpft nach dem Hinauswurf westlicher Streitkräfte – auch der Bundeswehr – um ökonomische Unabhängigkeit und setzt sich gegen Machenschaften des französischen Auslandsgeheimdiensts zur Wehr. Auf einer Solidaritätskonferenz hieß es vergangene Woche, man erhalte endlich „keine Anweisungen aus Paris“ mehr und entscheide nun selbst über die politische und ökonomische Entwicklung im eigenen Land.

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Robert Habeck ist kein Schwachkopf

Von Tobias Riegel – 27. November 2024

Eiskalte Politik kann mit einem harmlosen Image einfacher vorangetrieben werden. Wirtschaftsminister Habeck kultiviert vermutlich auch darum gnadenlos (und erfolgreich) den wackeren Charme des knuffigen Kumpels, der unverschuldet in die Stürme der Geschichte geworfen wird. Das Verhalten mancher Grüner ist nicht „dumm“, es ist zielgerichtet und gefährlich.

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Die SPD geht in den Wahlkampf – man kann nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte

Von Jens Berger – 27. November 2024

Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs war noch nie so groß wie heute – doch von einer Kriegsgefahr ist im beginnenden Wahlkampf der SPD nicht die Rede. Dort scheint man die Parole ausgegeben zu haben, das Thema Friedenspolitik tunlichst zu meiden und bloß kein kritisches friedenspolitisches Profil zu entwickeln; schon gar keins, das bei den Medien oder dem künftigen Koalitionspartner Argwohn erwecken könnte. Stattdessen wiederholt man lieber die alten abgegriffenen Slogans, die ohnehin kein Wähler mehr ernst nimmt, und inszeniert sich martialisch als Kriegspartei. Nicht nur Willy Brandt dürfte zurzeit im Grabe rotieren. Diese SPD kann auch weg. Niemand braucht sie.

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Die Trump-Regierung und der eskalierende imperialistische Krieg in der Ukraine

Von Joseph Kishore – 26. November 2024

Acht Wochen vor dem Tag der Amtseinführung verliert die künftige Trump-Regierung keine Zeit bei der Vorbereitung ihrer Agenda. Trump hat ein Kabinett zusammengestellt, das von Milliardären und Faschisten dominiert wird. Sie sind entschlossen, einen massiven Angriff auf Zugewanderte durchzuführen und gleichzeitig die demokratischen und sozialen Rechte der Arbeiterklasse abzubauen.

Führende Demokraten von Biden bis Bernie Sanders versprechen ungerührt, mit der neuen Regierung „zusammenzuarbeiten“, wobei sie die „Zusammenarbeit“ und den „Kompromiss“ mit Trump und ihren „republikanischen Kollegen“ betonten. Die Hauptsorge der Demokraten gilt nicht Trumps autoritären Plänen. Vielmehr wollen sie sicherstellen, dass das zentrale imperialistische Ziel der Biden-Regierung weiterverfolgt wird: der Krieg gegen Russland in der Ukraine.

Der Krieg war das Hauptdiskussionsthema beim Treffen im Weißen Haus eine Woche nach der Wahl. Biden hat dabei angeboten, „alles in unserer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass Sie eingerichtet sind“. Hinter verschlossenen Türen besprachen der scheidende und der neue Präsident die Pläne für eine massive Eskalation des Krieges. Zentrales Thema war die Genehmigung für die Ukraine, von den USA bereitgestellte Langstreckenraketen einzusetzen, um Ziele tief im Inneren Russlands anzugreifen – was inzwischen passiert ist.

Während des Wahlkampfs warnte Trump gelegentlich vor der Gefahr eines „Dritten Weltkriegs“, während er gleichzeitig erklärte, dass er eine Art Verhandlungslösung für den Konflikt in der Ukraine befürworte. Dies wird jedoch zu den ersten der vielen demagogischen Aussagen gehören, die über Bord geworfen werden. Die neue Regierung wird sich nicht weniger als die alte für die Verteidigung von strategischen Kerninteressen des amerikanischen Imperialismus einsetzen.

So erklärte der Abgeordnete Michael Waltz, Trumps Kandidat für den Posten des nationalen Sicherheitsberaters, am Wochenende in einem Interview mit Fox News in Bezug auf die Ukraine: „Unsere Gegner da draußen, die glauben, dass dies eine Zeit der Möglichkeiten ist, in der sie eine Regierung gegen die andere ausspielen können, liegen falsch. Wir arbeiten Hand in Hand, wir sind ein Team Vereinigte Staaten in dieser Übergangszeit.“

Waltz sagte, dass er im Rahmen des „nahtlosen Übergangs“ zur Trump-Regierung zahlreiche Gespräche mit Bidens nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan geführt habe. Waltz sprach zwar weiterhin von einem Ende des Konflikts auf dem Verhandlungsweg, betonte aber auch die Notwendigkeit, „die Abschreckung wiederherzustellen“ und „auf dieser Eskalationsleiter einen Schritt voraus zu sein“ – das heißt, eine Art massive militärische Provokation oder Präventivmaßnahme zu ergreifen, um einen „Deal“ zu erzwingen.

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Ukraine: Europäische Regierungen wollen Bodentruppen gegen Russland einsetzen

Von Alex Lantier – 26. November 2024

London und Paris planen eine groß angelegte Intervention mit Bodentruppen in der Ukraine. Gleichzeitig wächst in der Bevölkerung Europas der Widerstand gegen eine militärische Eskalation, die zum totalen Krieg gegen Russland führen könnte. Die Pläne, die hinter dem Rücken der Bevölkerung ausgeheckt werden, könnten zum Atomkrieg zwischen Europa und Russland führen. Im Innern gehen sie, um die Aufrüstung der Streitkräfte zu finanzieren, mit schweren Angriffen auf die Arbeiterklasse einher.

Die französische Tageszeitung Le Monde brachte am Dienstag unter dem Titel „Neu entfachte Diskussionen über Entsendung europäischer Truppen in die Ukraine“ folgende Meldung: „Paris und London schließen nicht aus, eine Militärkoalition in der Ukraine anzuführen.“ Unter Berufung auf eine Quelle aus dem britischen Militär heißt es: „Zwischen Großbritannien und Frankreich wird über eine verteidigungspolitische Zusammenarbeit diskutiert, vor allem im Hinblick darauf, einen harten Kern von Verbündeten in Europa zu schaffen, die sich auf die Ukraine und die allgemeine Sicherheit in Europa konzentrieren.“

Zuvor hatten hochrangige Gespräche zwischen London und Paris stattgefunden, und die Ukraine hatte Russland bereits mit britischen Langstreckenraketen des Typs Storm Shadow angegriffen. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte gegenüber der BBC, Frankreich habe der Ukraine erlaubt, Russland zur „Selbstverteidigung“ mit französischen SCALP-Raketen anzugreifen. Allerdings weigerte er sich, zu erklären, ob SCALP-Raketen bereits gegen Russland zum Einsatz gekommen seien. Auf die Frage, ob Frankreich seine Armee in die Ukraine schicken würde, erklärte er: „Wir schließen keine Option aus.“

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Thyssenkrupp will 11.000 Stahlarbeitsplätze abbauen

Von Dietmar Gaisenkersting – 26. November 2024

Thyssenkrupp will 11.000 Stellen in seinem Stahlbereich abbauen, das sind 40 Prozent der aktuell noch 27.000 Arbeitsplätze. Das gab Deutschlands größter Stahlkonzern am Montag bekannt. Die Stahlarbeiter an Rhein und Ruhr, im Sieger- und Sauerland sind schockiert. Die IG Metall hat währenddessen klargemacht, dass sie diese Angriffe mittragen wird – wenn, wie beim Abbau der letzten Jahrzehnte, Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.

Am Montag legte der Vorstand der Stahlsparte dem Strategieausschuss des Aufsichtsrats das seit langem angekündigte „umfassende industrielle Zukunftskonzept“ vor. Es ist ein einziges Kahlschlagkonzept, das die Profite im eskalierenden weltweiten Handels- und Wirtschaftskrieg auf Kosten der Belegschaft sichern soll.

Bis 2030 sollen 5000 Arbeitsplätze in den Hüttenwerken und Fabriken aller Standorte vernichtet werden, dazu gehöre auch „eine deutliche Straffung der Verwaltungen“. Das Weiterverarbeitungswerk in Kreuztal-Eichen im Siegerland mit knapp 600 Beschäftigten soll geschlossen werden. Besonders betroffen dürfte auch das größte deutsche Stahlwerk im Duisburger Norden sein. Dort arbeiten bislang fast 13.000 Menschen.

Weitere 6000 Arbeitsplätze sollen durch Ausgliederungen an externe Dienstleister oder durch Verkäufe abgestoßen werden. Das betrifft vor allem die 3000 Stahlarbeiter der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) im Duisburger Süden.

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Wann schicken europäische Länder Soldaten zu Kampf gegen Russland in die Ukraine?

Von Thomas Röper – 26. November 2024

In der EU ist die Diskussion über die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine wieder entfacht. Offenbar ist das der nächste Eskalationsschritt, den die EU im Krieg gegen Russland plant.

Die Ukraine ist de facto ausgeblutet. Die Zwangsrekrutierungen bleiben weit hinter den Plänen zurück, an der Front herrscht akuter Personalmangel und die ukrainische Front droht an mehreren Stellen zu brechen. Es wird in der Ukraine sogar schon diskutiert, auch Frauen zwangsweise an die Front einzuziehen, aber die frischen Rekruten, die zwangsweise in den Krieg geschickt werden, ohne vorher auch nur einigermaßen ausgebildet zu werden, weil die Zeit dazu nicht ausreicht, sind natürlich nicht motiviert und enden als Kanonenfutter.

Da helfen auch keine Waffenlieferungen mehr, denn wenn was nützen die besten Waffen, wenn es niemanden gibt, der sie bedienen kann?

Die Falken im Westen, die den Krieg gegen Russland um jeden Preis fortsetzen wollen, müssen daher nicht mehr so sehr über Geld und Waffen für Kiew nachdenken, sondern über die Entsendung von eigenen Soldaten, die Macron ja schon Anfang des Jahres ins Spiel gebracht hat. Ansonsten endet der Krieg demnächst aus Mangel an Soldaten mit dem Zusammenbruch der ukrainischen Front und der totalen Niederlage der Ukraine.

Die Diskussionen über die Entsendung eigener Truppen nehmen in Europa daher nun wieder an Fahrt auf, wobei als offizieller Grund dafür genannt wird, dass Trump die US-Hilfen für Kiew demnächst kürzen oder einstellen könnte. Aber das scheint mir angesichts der verzweifelten Lage der Ukraine an der Front ein vorgeschobener Grund zu sein, der wahre Grund ist, dass die Ukraine ausgeblutet ist und dass die westlichen Falken den Krieg gegen Russland nur weiterführen können, wenn sie eigene Truppen in die Ukraine schicken.

Die USA würden die Entsendung von europäischen Soldaten in die Ukraine sicher unterstützen, während sie die Entsendung von eigenen Truppen in die Ukraine kategorisch ausschließen. In Washington wurde schon vor einem halben Jahr öffentlich gefordert, die Europäer sollten gegen Russland in den Krieg ziehen, wobei die USA aber ausdrücklich nicht mitmachen, sondern die Europäer nur mit Waffenlieferungen unterstützen wollen.

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