Julian Assange – für die Pressefreiheit lebendig begraben?

Von Florian Vollert – 18. Juli 2019

Dem Journalisten und Publizisten Julian Assange droht bei einer Auslieferung an die USA eine Haftstrafe von 175 Jahren. Den bisher geltenden Schutz der Meinungs- und Publikationsfreiheit will die Trump-Regierung in ihr unliebsamen Bereichen aushebeln. Bericht über eine Veranstaltung des Komitees zur Verteidigung Von Julian Assange und Chelsea Manning in der Volkshochschule Heilbronn.

Eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Kampf gegen die völkerrechtswidrigen Kriege von USA und NATO, gegen Kriegsverbrechen und Folter, ist Julian Assange mit seinem Team von der Enthüllungsplattform WikiLeaks. Die von WikiLeaks veröffentlichten Dokumente stammen von Whistleblowern, die u. a. Staatsverbrechen dokumentieren, und die deshalb von den Regierungen der betreffenden Staaten juristisch verfolgt werden.

Doch was ist dran, an diesen Geschichten sowie an der „komischen” Figur Julian Assange, an der sich die Geister scheiden?

In Heilbronn hat sich jüngt ein „Komitee zur Verteidigung von Julian Assange und Chelsea Manning” gegründet. Und um über diesen Fall aufzuklären, fand in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Volkshochschule Heilbronn eine Veranstaltung im Deutschhofkeller statt. Referent war Lorin Brenig aus Berlin, Mitglied im Vorstand der Partei Demokratie in Europa und Organisator für die Bewegung Diem25 sowie der Protestdemonstration für die Freilassung von Julian Assange („Wir alle sind Julian Assange“) am 2. Mai 2019 in Berlin: Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Historiker Dr. Alexander Bahar.

Brenig begann seinen Beitrag mit einer Darstellung der Biographie Julian Assanges. Assange hatte eine bewegte Kindheit in Australien und fiel durch seinen ausgeprägten Wunsch nach Gerechtigkeit auf. In der sich entwickelnden Hackerszene sozialisierte er sich politisch mit dem Wunsch, Politik transparent für die Menschen darzustellen. Das ist bis heute auch die politische Agenda der von ihm ins Leben gerufenen Enthüllungs-plattform WikiLeaks. Menschenverachtende Politik und die dafür verantwortlichen Regierungen sollen mitsamt ihren Machenschaften dargestellt werden, etwa in Korruptionsfällen oder eben mit veröffentlichten Unterlagen zu Kriegsverbrechen.

Mit einer Schmutzkampagne wird seit Jahren versucht, Assanges Ansehen zu diskreditieren ‒ und somit seine politische Arbeit. Er selbst verbrachte viele Jahre gezwungenermaßen in der Botschaft Ecuadors in London, die ihm Asyl gewährt hatte. Aufgrund eines Deals zwischen der amtierenden Regierung Ecuadors unter Lenin Moreno und Großbritannien wurde er im April von der britischen Polizei festgenommen und ist seitdem im Belmarsh-Hochsicherheitsgefängnis inhaftiert. Die US-Justiz hat seine Auslieferung in die USA beantragt. Der Sonderbeauftragte der UN, der Schweizer Völkerrechtsprofessor Nils Melzer, hat Assange Ende Mai zusammen mit zwei Medizinern im Gefängnis besucht und bei ihm alle Anzeichen für jahrelange psychologische Folter (u. a. durch Isolationshaft) festgestellt.

Wenn an den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Julian Assange etwas dran sei, erklärte Brenig, dann muss das ein Gericht in Schweden klären. Aktuell gibt es von dort aber keinen Antrag zur Überstellung des in Großbritannien Inhaftierten. Allerdings einen aus den USA, wo man ihm den Prozess aus politischen Gründen machen möchte. Das „Vergehen” Assanges besteht darin, dass er als Journalist geheime Dokumente aus dem Militärapparat publiziert habe, die andere WikiLeaks zur Verfügung gestellt haben. Die anderen, Whistleblower wie z. B. Chelsea Manning, haben Dokumente „gestohlen”, die z. B. Verbrechen gegen das Völkerrecht und gegen die Menschlichkeit aufdecken. Durchaus ehrenhafte „Diebstähle”, die zukünftige völkerrechtswidrige Kriege mit tausenden „Kollateralschäden” verhindern helfen sollen. Nur in einem einzigen Fall soll Assange seiner Informantin Chelsea Manning (ohne Erfolg) geholfen haben, ein Passwort zu hacken. Sowohl Assange als auch Manning bestreiten das. Von den 18 Anklagepunkten, auf deren Basis Assange in den USA zu 175 Jahren Haft verurteilt werden könnte, bezieht sich ein einziger auf diesen Vorwurf. Alle anderen beziehen sich auf seine legale journalistische Tätigkeit, die nun allerdings einen Verstoß gegen das US-Spionagegesetz aus dem Ersten Weltkrieg darstellen soll. Würde Assange auf Grundlage dieses Gesetzes verurteilt werden, so der Referent, wäre damit ein Präzedenzfall geschaffen. Jeder beliebige Journalist, der „geheime” Informationen publik macht, die der US-Regierung nicht gefallen, könnte dann juristisch belangt werden.

Die anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörer diskutierten dann die Möglichkeiten, Assange zu helfen. Neben dem Aufruf des Komitees „Freiheit für Julian Assange und Chelsea Manning!“ wurde auch eine aktuelle Petition an den Deutschen Bundestag zum Schutz von Whistleblowern vorgestellt, die jeder unterzeichnen sollte.

Schauprozess gegen Julian Assange: Richterin Emma Arbuthnot lehnt Rücktritt wegen Befangenheit ab

Von Thomas Scripps – 15. Juli 2019

Die Entscheidung der britischen Richterin Emma Arbuthnot, im Auslieferungsverfahren gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange nicht wegen Befangenheit zurückzutreten, ist lupenreine Klassenjustiz.

https://www.wsws.org/de/articles/2019/07/15/assa-j15.html

Drei Monate nach der Verhaftung des WikiLeaks-Herausgebers: Britische Regierung veranstaltet Konferenz zur „Medienfreiheit“, während Assange im Gefängnis sitzt

Von Oscar Grenfell – 15. Juli 2019

Am letzten Donnerstag war es genau drei Monate her, seit der WikiLeaks-Herausgeber Julian Assange aus der ecuadorianischen Botschaft in London gezerrt wurde. Seither sitzt er im Londoner Belmarsh-Gefängnis ein. Ihm droht die Überstellung an die USA, wo er unter den Anti-Spionagegesetz angeklagt wurde.

https://www.wsws.org/de/articles/2019/07/15/pers-j15.html

Warum sind Assange und Manning noch nicht auf freiem Fuß, wenn gleichzeitig in London offiziell die Pressefreiheit diskutiert wird?

Von Moritz Müller – 12. Juli 2019

Letzte Woche erschien auf der 21stCenturyWire ein Artikel von Nina Cross, der sich mit dem langsamen Einschlafen der schwedischen Ermittlungen gegen Assange befasst. Wir haben diesen Artikel übersetzt und veröffentlichen ihn hier. Während die Freiheitsberaubung von Chelsea Manning und Julian Assange andauert, fand am 10./11. Juli in London, nicht weit von Assanges Kerker, eine Konferenz statt, die mit großem Tamtam die Pressefreiheit beschwor, diese aber gleichzeitig in mehrfacher Hinsicht verhohnepiepelt: keine sichtbare Erwähnung von Julian Assange, RT und Sputnik ausgeschlossen, keine offizielle Verurteilung des Kashoggi-Mordes. Hier haben wir es mit Orwellschem Neusprech in Reinkultur zu tun – während Pressefreiheit gefeiert und eingefordert wird, zeichnete sich die Konferenz durch Abwesenheit derselben aus.

Folter gegen Julian Assange

ttt-Sendung vom 7. Juli 2019

Fast sieben Jahre lang saß der australische Enthüllungsjournalist und politische Aktivist Julian Assange im unfreiwilligen Exil in der ecuadorianischen Botschaft in London. Im April diesen Jahres entzog die Regierung von Ecuador Assange das politische Asyl und er wurde verhaftet. Derzeit verbüßt er eine einjährige Haftstrafe in London, Begründung: Assange habe 2012 gegen Kautionsauflagen verstoßen. Das sind die harten, nüchternen Fakten zum Fall Julian Assange. Jetzt aber hat der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, Julian Assange in der Haft besucht und einen alarmierenden Bericht über Assanges Gesundheitszustand gegeben. Der 48-Jährige sei schwer traumatisiert, weise massive Angststörungen auf und habe dramatisch an Gewicht verloren. Der UN-Diplomat schließt seinen Bericht mit schweren Anschuldigungen gegen mehrere demokratische Länder, die sich in einer Art Verschwörung gegen Assange zusammengeschlossen hätten. In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung, so Melzer, habe er noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammenschließt, um eine einzelne Person so lange und unter so geringer Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu verteufeln und zu missbrauchen. Er fordert die sofortige Beendigung der Inhaftierung von Assange. ttt traf Nils Melzer in Genf, wo Ende Juni der UN-Menschenrechtsrat tagte und sich mit dem Fall Assange befasste. Außerdem interviewt das ARD-Kulturmagazin Jennifer Robinson, britische Anwältin aus dem Anwaltsteam von Assange. [Zum Video der Sendung]

UN-Berichterstatter für Folter enthüllt Medien-Zensur im Fall Assange

Von Chris Marsden 2. Juli 2019

Als der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, am 31. Mai einen Artikel veröffentlichte, in dem er ein sofortiges Ende der „kollektiven Verfolgung“ von Julian Assange forderte, machte er Schlagzeilen auf der ganzen Welt…. Kurz vor dem Internationalen Tag zur Unterstützung von Folteropfern am vergangenen Mittwoch, dem 26. Juni, schrieb Melzer nun einen Kommentar mit dem Titel „Entlarvung der Folter an Julian Assange“ (Demasking the Torture of Julian Assange). Diesen scharf formulierten Artikel bot er mehreren führenden Zeitungen an: dem Guardian, der Times, der Financial Times, dem Sydney Morning Herald, dem Australian, der Canberra Times, dem Telegraph, der New York Times, der Washington Post, der Thomson Reuters Foundation und Newsweek.

https://www.wsws.org/de/articles/2019/07/02/melz-j02.html

Präzedenzfall WikiLeaks

Mathias Bröckers – 1. Juli 2019

Der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer hat seine Position zum Fall Assange noch einmal klar gestellt – doch keine Zeitung wollte den Beitrag drucken. … Es geht in diesem Fall nicht um die Person Julian Assange, der seinen 48. Geburtstag am 3. Juli im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh verbringen muss, obwohl er keine Verbrechen begangen, sondern Verbrechen aufgedeckt hat; es geht um einen Präzedenzfall von internationaler Bedeutung. Denn zum ersten Mal soll hier ein Journalist nach dem „Espionage Act“ verurteilt werden, indem man das Grundrecht auf Pressefreiheit außer Kraft setzt indem man ihn einfach als „feindlichen Spion“ deklariert. [Hier weiterlesen]

„Julian Assange: Ein sehr gesuchter Mann“

Arte-Reportage – verfügbar vom 28. Juni 2019 bis 17. Juni 2022

Fast sieben Jahre lang hatte die Botschaft Ecuadors Julian Assange diplomatisches Asyl gewährt und damit seine Auslieferung erst nach Schweden und von dort aus möglicherweise in die USA verhindert. In Schweden erwartet ihn ein Verfahren wegen des Vorwurfs von sexuellem Missbrauch und in den USA wollen sie ihn wegen der Veröffentlichung streng geheimer Dokumente auf der von ihm gegründeten Internetplattform Wikileaks anklagen. Nach der Verhaftung im April aber sitzt er in einem Hochsicherheitsgefängnis am Rand von London – dort haben die Engländer ihre gefährlichsten Terroristen untergebracht. Sollte Assange von England aus in die USA ausgeliefert werden, dann drohen ihm dort bis zu 175 Jahre Haft. Die Arte Reporter hatten Julian Assange vor drei Jahren in der Botschaft Ecuadors interviewen dürfen. Sie fassen heute den aktuellen Stand der Ermittlungen gegen ihn in dieser Reportage noch einmal zusammen – die einen sehen in ihm einen Verräter, die anderen einen Kämpfer für das Recht auf Information. [Zum Video]

Demaskierung der Folterung von Julian Assange

Von Nils Melzer, UNO-Sonderberichterstatter über Folter – anlässlich des Internationalen Tages zur Unterstützung von Folteropfern am 26. Juni 2019

Ich weiß, Sie denken vielleicht, dass ich mich getäuscht habe. Wie könnte das Leben in einer Botschaft mit einer Katze und einem Skateboard jemals einer Folter gleichkommen? Das ist genau das, was ich auch dachte, als Assange zum ersten Mal um Schutz an mein Büro appellierte. Wie die meisten Bürger war ich unbewusst durch die unerbittliche Hetze vergiftet worden, die im Laufe der Jahre verbreitet wurde. Also brauchte es ein zweites Klopfen an meine Tür, um meine widerwillige Aufmerksamkeit zu erregen. Aber als ich mir die Fakten dieses Falles angesehen hatte, erfüllte mich das, was ich fand, mit Abscheu und Unglauben. [Hier weiterlesen]

Vortrag: Der Fall Julian Assange und seine Bedeutung für die Presse- und Meinungsfreiheit

Informations- und Diskussionsveranstaltung mit Lorin Brenig – 10. Juli 2019

Lorin Brenig (Berlin), studierter Philosoph, ist Mitglied im Vorstand der Partei Demokratie in Europa und Organisator für die Bewegung Diem25 sowie der Protestdemonstration für die Freilassung von Julian Assange („Wir alle sind Julian Assange“) am 2. Mai 2019 in Berlin

Mittwoch, 10. Juli 2019, 19.00 Uhr, Volkshochschule Heilbronn, Deutschhofkeller, Kirchbrunnenstraße 12, 74072 Heilbronn

Am 11. April 2019 wurde Julian Assange, Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, aus der Botschaft Ecuadors in London geschleppt und ins Belmarsh-Hochsicherheits-gefängnis gebracht, nachdem Ecuador sein politisches Asyl aufgehoben hatte. Am 12. Juni unterzeichnete der britische Innenminister Sajid Javid ein Auslieferungsgesuch der USA und setzte damit ein pseudolegales Verfahren in Gang, das mit der Überstellung von Julian Assange in die USA enden soll.

Nils Melzer, der UN-Sonderbeauftrage zum Thema Folter, hat Julian Assange, begleitet von zwei medizinischen Gutachtern, im Gefängnis besucht. Danach erklärte er öffentlich, dass dieser „über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg bewusst zunehmend schweren Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt wurde, deren kumulative Auswirkungen nur als psychologische Folter beschrieben werden können“. Der WikiLeaks-Gründer zeige „alle Symptome, die für eine längere Exposition gegenüber psychologischer Folter typisch sind: extremer Stress, chronische Angst und ein schweres seelisches Trauma“. Seit 2010 habe es „eine unaufhörliche und unerbittliche Kampagne des öffentlichen Mobbing, der Einschüchterung und Verleumdung“ gegen Assange gegeben“, so Melzer weiter. „In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung“ habe er „noch nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammen-geschlossen hat, um einen einzelnen Menschen für so lange Zeit und unter so wenig Berücksichtigung der Menschenwürde und der Rechtsstaatlichkeit bewusst zu isolieren, zu verteufeln und zu misshandeln.“ Im Falle seiner Auslieferung an die USA, warnte der UN-Sonderbeauftragte, drohe Julian Assange „Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.“ Dies ergebe sich aus den 18 Anklagepunkten nach dem US Espionage Act, die zu einer Haftstrafe von insgesamt 175 Jahren führen könnten. Melzer forderte daher ein sofortiges Ende der „kollektiven Verfolgung“ von Julian Assange. Diese Forderung gilt ebenso für die mutige Whistleblowerin Chelsea Manning, die sich erneut in US-Haft befindet und wie Julian Assange zum Ziel einer regelrechten Verfolgungs- und Zerstörungskampagne wurde.

In seinem Vortrag wird Lorin Brenig einen Abriss über Julian Assanges Leben und die Geschichte von WikiLeaks geben und die Auswirkungen der WikiLeaks-Enthüllungen sowohl auf die Beziehungen der USA mit anderen Staaten als auch auf andere betroffene Länder darstellen. Anschließend wird er auf die derzeitige politische Interessenlage der verschiedenen Regierungen und Institutionen eingehen. Der letzte Teil des Vortrags ist der aktuellen Rechtslage und möglichen zukünftigen Entwicklungen gewidmet: dem Auslieferungsantrag der USA, den Ermittlungen gegen Julian Assange wegen „Vergewaltigung“ und der Bedeutung des Falles für die Presse- und Informationsfreiheit sowie den Folgen einer Verurteilung auf Basis des US Espionage Act.

Veranstalter: Komitee zur Verteidigung von Julian Assange und Chelsea Manning in Verbindung mit der Volkshochschule Heilbronn und dem Rosa Luxemburg Club Heilbronn

Kontakt: info[a]globale-gleichheit.de www.globale-gleichheit.de