Von Ralf Wurzbacher – 12. Dezember 2023
Alle mal gähnen! Das Bahnprojekt Stuttgart 21 wird mindestens zwei Milliarden Euro teurer als nach der letzten Fehleinschätzung. Alle mal lauschen! Die Macher hatten sich nie verrechnet, sie wussten schon vor mindestens zehn Jahren vom sicheren finanziellen Supergau, bis auf die Stelle hinterm Komma. Der Öffentlichkeit tischten sie andere Zahlen auf, damit weiter gebuddelt werden konnte – gegen jede Vernunft und mit maximaler Verachtung der Bürger.
Kostenexplosionen bei Stuttgart 21 (S21) haben irgendwie nichts mehr von Knalleffekt. Sie kommen so sicher wie Silvester und bescheren doch nur noch Langeweile. Die erste Schätzung lag bei 2,5 Milliarden Euro, laut Finanzierungsvertrag von 2009 waren es dann schon 4,5 Milliarden Euro, 2016 wurden daraus 6,5 Milliarden Euro, später 8,2 Milliarden Euro, Anfang 2022 dann 9,2 Milliarden Euro. Bis zur Zehn-Milliarden-Hürde war es da nicht mehr weit, und die Frage lautete nicht, ob, sondern wann sie endlich fällt. Seit ein paar Tagen steht eine neue Hausnummer im Raum: Deutschlands irrwitzigstes Bahnprojekt soll noch einmal 1,7 Milliarden Euro teurer werden und bis zur Fertigstellung rund elf Milliarden Euro verschlingen. Mindestens: Denn die Planer planen mit einem „Puffer“ von weiteren 500 Millionen Euro – für den Fall unvorhersehbarer Umstände, wie sie bei S21 die Regel sind. Womit man bei 11,5 Milliarden Euro wäre. Prost Neujahr!
Offiziell bestätigt sind die Zahlen noch nicht. Sie sollen aus Kreisen des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn (DB) stammen, wie am vergangenen Donnerstag die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete. Zuvor wurden sie bereits bei der jüngsten Sitzung des S21-Lenkungskreises gehandelt. Irgendeine Ausrede findet sich immer: Schuld an der Entwicklung sollen diesmal die erhöhten Baukosten sein. Verglichen mit dem davor bemühten Kostenrahmen beläuft sich der Zuschlag auf satte 25 Prozent in nur zwei Jahren – so viel Inflation gab es sonst nur im Supermarkt. Für Carl Waßmuth, Sprecher beim Bündnis „Bahn für alle“, sind die ständigen Ausgabensteigerungen Ausdruck von „Erpressung“. Die beteiligten Baufirmen hätten Stuttgarts Herz aufgerissen, „und sie nähen es erst wieder zu, wenn ihnen alle Mondpreise bezahlt wurden“, bemerkte er gegenüber den NachDenkSeiten.