Von Mohsen Daschti – 31. Mai 2021
Die jüngsten außenpolitischen Äußerungen des von den Mainstream-Medien gehypten grünen Führungsduos Robert Habeck und seiner (inzwischen zur Kanzlerkandidatin gekürten) Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock haben erneut deutlich gemacht: Die Grünen haben mit einer echten Friedenspolitik nichts am Hut. Während sich Baerbock gleich nach ihrer Nominierung als grüne Kanzlerkandidatin gegen die Gaspipeline Nordstream 2 positionierte und für mehr Härte gegenüber Russland und China aussprach, trat Robert Habeck jüngst dafür ein, das rechtsextreme Regime in Kiew mit deutschen Waffen zu beliefern und militärisch stärker zu unterstützen. Sowohl Habeck als auch Baerbock stehen zudem einer Aufnahme der Ukraine in die NATO wohlwollend gegenüber.
Es gab in den 1980-iger Jahren einige oppositionelle Volksbewegungen außerhalb des Parlaments in Deutschland, aus denen seinerzeit das „Grüne Partei“ -Pflänzchen hervorgegangen ist, das sich zur Bundestagswahl 1980 mit viel Lärm & Trompeten, mit Turnschuhen, Jeanshosen und Sonnenblumen vor allem für die junge Generation (also damals auch für mich) als eine neue hoffnungsvolle und zukunftsorientierte Partei präsentiert hat. Dabei hatte sich die junge Partei grundlegende Veränderungen in der Innenpolitik (Umwelt, Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit) und in der Außenpolitik („Raus aus der NATO“) und für eine ernsthafte, global orientierte Friedenspolitik zum Ziel gesetzt
Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß – der beste Freund und Unterstützer des faschistischen Diktators General Pinochet, der 1973 durch einen von der CIA unterstützten Putsch gegen den demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Salvador Allende an die Macht gekommen war – kommentierte die neue Parteigründung satirisch, aber zutreffend mit den Worten: „Melonenpartei – außen grün, aber innen rot“, womit er auf einige linke Strömungen bei den Grünen anspielte.
„Der ehemalige Revoluzzer“ und Straßenkämpfer Joseph („Joschka“) Fischer und der ehemalige RAF-Verteidiger Otto Schily, zwei der führenden Köpfe der neuen Partei, haben bei ihren Antrittsreden im Bundestag, applaudiert von den Grünen-Abgeordneten, die militaristische Politik des US-NATO-Imperialismus mit scharfen Worten angegriffen und diesem einen langen Kampf angesagt Als mit der neuen Partei sympathisierender Außenstehender habe ich mir damals gesagt: Alle Achtung, Donnerwetter, was für aufrichtige und mutige Frauen und Männer und welche hoffnungsvollen Zukunftsvisionen für Deutschland!
So wie ich haben damals viele in Deutschland gedacht und kindisch einen Traum geträumt, der sich schneller, als von einigen wenigen schon damals befürchtet, in einen Alptraum verwandeln sollte.
Schon bald hat sich diese Grüne Partei sehr überraschend und zur großen Freude nicht nur von Franz Josef Strauß ganz offen demaskiert und ihr wahres Gesicht gezeigt.
Die Demaskierung der Partei wurde in aller Schärfe deutlich, als in einer 180-Grad Wendung die gesamten Prinzipien der Partei in der Innen-, vor allem aber in der Außenpolitik unter dem Deckmantel eines sogenannten Reformkurses entsorgt und in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Eingeleitet wurde diese „Realpolitik“ durch die zwei Partei-„Häuptlinge“ Fischer und Schily, womit der Weg für die Eliminierung des gesamten linken Flügels der Partei freigemacht wurde, bejubelt und gefeiert in fast allen Mainstream-Medien der Bundesrepublik als ein großer Sieg des angeblichen Realitätssinns.
So wurde das grüne Partei-Pflänzchen, kaum gewachsen, schon verfaulend zu Grabe getragen.
Damit stand auch die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands nicht mehr zur Debatte, so dass 1998 schließlich der Weg in eine Koalition mit der SPD unter Gerhard Schröder als Bundeskanzler (für einen neoliberalen Finanz- und Wirtschaftskurs nach dem Vorbild von Großbritannien und der USA in den 1980er Jahren) frei war. Joseph Fischer, Transatlantiker durch und durch, wurde mit dem Posten des Außenministers belohnt, wo er seine Vasallentreue zur NATO-Führungsmacht USA eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte. Otto Schily (inzwischen SPD) wurde als Innenminister zur Personifizierung von „Law and Order“ im gesamtdeutschen Staat.
Ihren Höhepunkt – und ihre logische Konsequenz – erreichte diese Entwicklung, als sich die deutsche Bundeswehr unter der Regie von Schröder und Fischer – führend an einem unprovozierten Angriffskrieg der USA und der NATO gegen die ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien beteiligte, in dessen Folge diese in sieben kleinere und Kleinst-Staaten zerstückelt wurde. Der begnadete Demagoge Joseph Fischer brachte gar das „Kunststück“ fertig, die deutsche Beteiligung an diesem völkerrechtswidrigen Krieg (ohne UNO-Mandat!) mit der antifaschistischen Losung „Nie wieder Ausschwitz“ zu begründen, weil es doch darum gehe, so Fischer, einen „neuen Holocaust zu verhindern“!
Spätestens hier wurde offensichtlich, wie die ehemalige Partei der Friedensfreunde und NATO-Gegner (offensichtlich nur verbal vor Kamera und Mikrofon) unter der Regie von Fischer als ihrer neuen Galionsfigur die „Prinzipien der Partei“ opportunistisch verraten und die Bevölkerung und sogar Teile der eigenen Partei belogen und getäuscht hat.
Dass die Grünen auch in ihrer vermeintlichen Kernkompetenz, dem Umweltschutz, zu allem bereit sind, haben Sie bei der Räumung und Rodung des Dannenröder Forstes eindrucksvoll gezeigt. Und als Regierungspartei im hessischen Landtag in Wiesbaden tun sie seit Jahren alles, um die Aufklärung der NSU-Morde zu verhindern. So haben sie zuletzt sogar mit den Stimmen des Regierungspartners CDU gegen die Aufhebung der Verschlussfristen für die NSU-Akten gestimmt.
Die Aussage von Franz Josef Strauß über die Grüne Partei von damals könnte man heute so umformulieren:
„die äußere Schale gelbgrün und faulend, im Innern eine übelriechende schwarz-gelbe Soße“, ein Vorgeschmack auf die mögliche neue Koalitionsregierung nach der Bundestagswahl 2021!
Damals wie heute stellt sich bei dieser „Grünen Partei“– nun unter der Regie von Annalena Baerbock und Robert Habeck als den neuen „hoffnungsvollen Realos“ – die Frage: Wie ist eine solche Kehrtwendung um 180 Grad überhaupt möglich? Was sind die Motive und Gründe dafür, dass Parteien wie die Grünen sich derart gravierend von ihren eigenen postulierten Grundsätzen abwenden und sich den herrschenden Machteliten diesseits und jenseits des Atlantiks andienen und zu deren Handlangern werden? Neben Opportunismus, Karrieresucht, Machtgeilheit und Heuchelei spielen hier auch systemische Gründe eine Rolle.
Faktum ist, dass die Grünen als Partei selbst in ihrer besten Zeit (trotz allem Gerede von einer „ökologischen Kreislaufwirtschaft“) die Grundlagen der herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung niemals ernsthaft in Frage gestellt haben.
Und für diese gelten nach wie vor die Worte von Karl Marx (die Karlheinz Deschner im Vorwort seines lesenswerten Buches Der Moloch zitiert (2. Auflage 2002 im Heyne Verlag erschienen):
„Das Kapital hat ein Grauen vor Abwesenheit von Profit, wie die Natur vor der Leere. Zehn Prozent und man kann sie haben. Zwanzig Prozent und sie werden lebhaft. 50 Prozent positiv waghalsig. Für 100 Prozent stampft man alle menschlichen Gesetze unter dem Fuß. 300 Prozent und es gibt kein Verbrechen, das man nicht wagt, selbst auf die Gefahr des Galgens.“. Wobei die Galgen freilich für ihre Gegner vorgesehen sind, so Karlheinz Deschner weiter.
Die einstigen Grünen waren schon eine große Mogelpackung, und die heutigen „neuen“ Grünen sind es erst recht.
In einer turbokapitalistischen, räuberischen und vom Imperialismus dominierten Welt, wo eine kleine Elite der westlichen kapitalistischen Staaten mit den USA an der Spitze alles beherrscht und besitzt und permanent und überall unprovozierte, völkerrechtswidrige Kriege und „Bürgerkriege“ entfacht und führen lässt, um ihre Hegemonie zu wahren und ihre Rivalen zu schädigen und zu vernichten, kann es auf Dauer weder Frieden für die große Mehrheit der Menschen geben, noch ist auf der Basis dieser „regelbasierten Ordnung“ (wie es im NATO-Neusprech heißt) eine echte ökologische Veränderung zur Rettung der Natur auf der Erde auch nur denkbar.