Von Thomas Röper – 29. November 2024 15:24 Uhr
Gestern Nacht ist es in Georgien zu Unruhen gekommen, nachdem die Regierung erklärt hatte, die Verhandlungen über den EU-Beitritt bis 2028 auszusetzen.
Ich habe gestern bereits berichtet, dass die georgische Regierung erklärt hat, die Verhandlungen über den EU-Beitritt bis 2028 auf Eis zu legen und bis dahin auch auf alle EU-Finanzhilfen zu verzichten. Den Kurs Richtung EU will die Regierung jedoch beibehalten und die nötigen Reformen weiterführen.
Allerdings hat die Regierung sich über den Umgang der EU mit Georgien beklagt. Die Georgier seien ein stolzes Volk und wollten auf Augenhöhe mit der EU verhandeln, nicht als Bittsteller, der um Almosen bettelt. […]
Diese Erklärung hat in Georgien zu Protesten geführt, die laut Dominik Reichert, der die versuchte Farbrevolution in Georgien seit knapp einem Monat beobachtet, die größte aller bisherigen Demonstrationen der pro-westlichen Opposition war.
Auch die Stimmung war laut Dominik eine andere als bei früheren Protesten. Vorher war die Stimmung friedlich und hatte fast ein wenig Volksfestcharakter. Gestern war die Stimmung jedoch aggressiver und die Demonstranten versuchten zum ersten Mal ernsthaft und gewaltsam, anstatt nur symbolisch, in das Parlament einzudringen.
Die Polizei war bisher immer sehr besonnen und hat auch auf Provokationen der Protestler nicht reagiert. Die Demonstranten haben die Polizisten in den letzten Wochen immer wieder mit Gegenständen beworfen und mit Laserpointern auf ihre Augen gezielt, worauf die Polizei bisher nicht reagiert hat. Auch die vielen unangemeldeten Proteste, bei denen die Demonstranten teilweise auch Hauptstraßen in Tiflis blockiert hatten, hat die Polizei bisher gewähren lassen.
Letzte Nacht war das anders und die Polizei hat schließlich auf die Provokationen der Demonstranten, die an diesem Abend wesentlich aggressiver waren, reagiert. Sie ist mit Reizgas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vorgegangen und Dominik berichtete mir während der Nacht in regelmäßigen Abständen von der fortschreitenden Eskalation.
Offenbar stimmen die vereinzelten Berichte darüber, dass die Polizei auch Gummigeschosse eingesetzt hat, denn im Laufe der Nacht wurde Dominik Reichert offenbar angeschossen. Jedenfalls haben die Ärzte keine andere Erklärung für Dominiks Kopfverletzung, die noch in der Nacht in einer Notoperation versorgt werden musste. Darüber habe ich berichtet, Dominik ist jedoch den Umständen entsprechend wohlauf.
Die Straßenschlachten dauerten die ganze Nacht an und am Morgen meldete die Polizei 43 Festnahmen und 32 verletzte Polizisten. Laut Dominik war das Vorgehen der Polizei im Vergleich zu den Provokationen der Demonstranten jedoch unverhältnismäßig hart, wobei die Zahl der verletzten Polizisten allerdings zeigt, dass auch ein Teil der Demonstranten keineswegs friedlich war.
Für den heutigen Abend hat die Opposition zu erneuten Protesten vor dem Parlament aufgerufen.
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