Von Igor Korotschenko (Übersetzung: Thomas Röper) – 28. September 2024
Russland hat eine Änderung seiner Atomdoktrin verkündet, aber die deutschen Medien reagieren kaum darauf. Hier zeige ich, was die Änderung bedeutet und wie russische Experten sie einschätzen. Wenig überraschend klingt das ganz anders als in deutschen Medien zu lesen ist.
Westlichen Medien waren die von Präsident Putin verkündeten Änderungen der russischen Atomdoktrin nur Randnotizen und hämische Kommentare darüber wert, dass der Westen schon so viele russische rote Linien überschritten habe, Russland aber nicht reagiert habe. „Putin blufft nur“, lautet der O-Ton zumindest der deutschen Medien zusammenfassend.
Das stimmt jedoch nicht, Putin hat nur – das mag für Konsumenten der Mainstream-Medien nach Unsinn klingen – eine schier endlose Geduld und den Wunsch, eine weitere Eskalation des hybriden Krieges, den der Westen in der Ukraine gegen Russland führt, zu einem „echten“ Krieg mit westlichen Ländern zu vermeiden. Aber vor allem deutsche Medien und Politiker scheinen das als Schwäche Putins auszulegen und plädieren für weitere Eskalationsschritte.
Man sollte nicht vergessen, dass Russland seit 2014 geduldig über eine Lösung des von Kiew mit Unterstützung der USA begonnenen Donbass-Krieges verhandelt hat. Es war die Ukraine, die das Minsker Abkommen (mit Unterstützung des Westens) nicht umgesetzt hat. Russland hat währenddessen seine roten Linien immer sehr deutlich gezogen: Ein NATO-Beitritt der Ukraine war die ultimative rote Linie.
Und als die USA und die NATO ab Ende 2021 immer offener für einen baldigen NATO-Beitritt der Ukraine getrommelt und auch Russlands Angebot vom Dezember 2021 abgelehnt hat, über gegenseitige Sicherheitsgarantien zu verhandeln, da sah die russische Regierung keinen anderen Ausweg mehr, als militärisch zu reagieren.
Wir sollten uns daher keinen Illusionen hingeben: Angriffe auf Ziele tief im russischen Hinterland mit westlichen Waffen und westlicher Unterstützung sind eine rote Linie, die Putin ähnlich deutlich markiert, wie seinerzeit einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine. Wie Russland auf solchen Beschuss konkret reagieren wird, weiß man wohl nur im russischen Generalstab und im Kreml, aber dass Russland darauf mit – wie auch immer gearteten – militärischen Maßnahmen gegen westliche Länder reagieren wird, daran sollte man besser nicht zweifeln.
Hier übersetze ich einen Artikel eines russischen Militärexperten, den die russische Nachrichtenagentur TASS veröffentlicht hat, in dem erklärt wird, was die angekündigten Änderungen der russischen Atomdoktrin bedeuten und der zeigt, wie man in Russland darüber denkt.