Von Thomas Röper – 22. Februar 2022
Der Westen wirft Russland vor, mit der Anerkennung des Donbass das Völkerrecht verletzt zu haben. Was sagen die Bestimmungen des Völkerrechts zu dieser Frage? – Im Völkerrecht gibt es zwei Bestimmungen, die einander widersprechen. Da ist zunächst die Unverletzbarkeit der Grenzen, nach der die Abspaltung des Donbass eine illegale Verletzung der ukrainischen staatlichen Integrität darstellt. Andererseits gibt es das Selbstbestimmungsrecht der Völker, die frei entscheiden können, in welchem Staat sie leben möchten. Nach dieser Bestimmung hat die Bevölkerung des Donbass das Recht, sich von der Ukraine loszusagen und zu entscheiden, ob sie einen eigenen Staat gründen möchte und wie es danach weitergeht. … Da diese Punkte einander normalerweise widersprechen, wenn ein Staat gegen die Abspaltung einer Region ist, obwohl deren Einwohner das wollen, wird es völkerrechtlich kompliziert. Obwohl, eigentlich nicht, denn seit der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes zum Kosovo ist die Sache klar: Eine einseitige Sezession (also Unabhängigkeitserklärung) ist vom Völkerrecht gedeckt, auch wenn sie den Gesetzen des Landes widerspricht. Das hat der Internationale Gerichtshof seinerzeit auf Druck des Westens entschieden, und die Entscheidung gilt nun mal, auch wenn es dem Westen heute nicht mehr gefällt, siehe zum Beispiel Katalonien, Schottland, Krim und nun Donbass. Der Westen hat nämlich im Kosovo einen Präzedenzfall geschaffen. Auch der Kosovo hat sich ohne Erlaubnis von der Zentralregierung Jugoslawiens für unabhängig erklärt und der Westen hat das unterstützt und Serbien damals – unbestritten völkerrechtswidrig – bombardiert.