Von Thomas Röper – 2. Februar 2024
Nachdem das ZDF wahrheitsgemäß aus Mariupol berichtet hat, drohen dem Sender nun Konsequenzen in der Ukraine. Wahrheitsgemäße Berichterstattung ist in Kiew nicht erwünscht, aber die Frage ist, ob die Bundesregierung sich hinter ihren Staatssender stellt und Kiew zeigt, wo sein Platz ist.
Es war überraschend, aber das ZDF hat tatsächlich wahrheitsgemäß aus Mariupol berichtet und dabei alles bestätigt, was ich seit Beginn der Eskalation in der Ukraine berichte: Die Menschen in der Stadt sind pro-russisch, Russland leistet eine ungeheure Wiederaufbauarbeit, das ZDF hat über neue Wohnhäuser, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser berichtet, die Russland in der Stadt im Eiltempo aus dem Boden gestampft hat. …
Für diesen wahrheitsgemäßen – und daher gar nicht ins westliche Narrativ passenden – Bericht hat das ZDF daraufhin massive Kritik einstecken müssen. Das ZDF hat seinem Bericht nachträglich sogar eine Ergänzung hinzugefügt, in der es sich gerechtfertigt hat. Dort steht unter anderem zu lesen:
„Das ZDF nimmt die Kritik an der Berichterstattung aus Mariupol ernst. Der Moskauer Studioleiter Armin Coerper ist nach Mariupol gereist, um sich dort als Journalist ein unabhängiges Bild der Lage in den völkerrechtswidrig besetzten Gebieten zu machen. Dabei berichtet er über die durch den russischen Angriffskrieg völlig zerstörte Stadt und ihre erzwungene Russifizierung. Armin Coerper macht dabei transparent, dass Gegner der russischen Besatzung Repressalien zu fürchten haben, wenn sie mit einem westlichen Journalisten sprechen.“
Da sind sie wieder, die Lügen. In seinem Beitrag hat ZDF-Korrespondent Coerper klar gesagt, dass die Menschen in Mariupol pro-russisch sind und dass Mariupol schon immer eine russischsprachige Stadt gewesen ist. Wie aber soll man in einer Stadt eine „erzwungene Russifizierung“ durchführen, wenn die Stadt schon immer russisch war?
Und dass er es „transparent“ gemacht habe, „dass Gegner der russischen Besatzung Repressalien zu fürchten haben, wenn sie mit einem westlichen Journalisten sprechen“, konnte ich in dem Beitrag auch nicht finden. Coerper hat stattdessen erzählt, dass er keine anti-russischen Stimmen gefunden hat und er hat lediglich die (von ihm nicht belegte) Vermutung geäußert, dass es so sein könnte.
Man sieht an der Rechtfertigung des ZDF, wie sehr man in dem Sender im westlichen Narrativ gefangen ist, wenn man so eine offensichtlich widersprüchliche Rechtfertigung veröffentlichen muss. Oder aber, man hat dort so viel Angst davor, die Wahrheit zu berichten, dass man schnell klein beigibt, wenn Kritik aufkommt.
Die Ukraine droht Konsequenzen an
Nun hat auch Kiew, das mit wahrheitsgemäßer Berichterstattung traditionell ein Problem hat, sich geäußert. Der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums hat sich auf X (ehemals Twitter) mitgeteilt, dass der Besuch des Leiters des Moskauer ZDF-Büros in Mariupol ohne die Zustimmung Kiews gegen ukrainisches Recht verstoße. Weiter schrieb er:
„Wir fordern das ZDF auf, eine offizielle Erklärung abzugeben. Der Verstoß gegen die ukrainische Gesetzgebung kann die weitere Arbeit dieses Medienunternehmens in der Ukraine beeinträchtigen.“