Von Alex Lantier – 6. April 2024
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu hat seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu während eines Telefonats am Mittwoch Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs angeboten und Frankreichs Pläne kritisiert, Truppen in die Ukraine zu schicken. Daneben übte Schoigu auch Druck auf Lecornu aus wegen einer möglichen französischen Verwicklung in den Terroranschlag auf die Moskauer Crocus City Hall am 22. März.
Frankreich und Russland haben zwar völlig gegensätzliche Angaben zu dem Telefonat gemacht, die französischen Regierungsvertreter haben jedoch die von Russland angebotenen Friedensverhandlungen eindeutig abgelehnt. Paris treibt seine Pläne weiter voran, Truppen in die Ukraine zu schicken, was nur zu einem Krieg zwischen Atommächten führen kann, und wird dabei von seinen Nato-Verbündeten unterstützt.
Laut einer Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums über das Telefonat gab es „eine bemerkenswerte Bereitschaft zum Dialog über die Ukraine. … Die Istanbuler Friedensinitiative könnte den Ausgangspunkt bilden.“
Es gab widersprüchliche Aussagen darüber, welche Initiative Schoigu damit meinte. Russische Quellen verwiesen auf den Vorschlag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu Friedensverhandlungen, den er letzten Monat während eines Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gemacht hatte. Laut französischen Quellen ging es um das Friedensabkommen zwischen russischen und ukrainischen Unterhändlern in der Türkei im April 2022, den die ukrainischen Vertreter auf Druck des britischen Premierministers Boris Johnson abgelehnt hatten.
Laut russischen Schilderungen warnte Schoigu Lecornu auch, eine Entsendung von französischen Truppen in die Ukraine „würde Frankreich selbst Probleme schaffen.“
Zum Anschlag auf die Crocus City Hall erklärte Schoigu gegenüber Lecornu, russische Ermittler hätten Beweise für eine Beteiligung der Ukraine, und erklärte: „Das Kiewer Regime tut nichts ohne die Einwilligung seiner westlichen Aufseher. Wir hoffen, dass die französischen Spezialeinheiten nicht dahinter stehen.“
Französische Regierungsvertreter dementierten sofort jedes Interesse an Friedensverhandlungen über die Ukraine. Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums erklärten gegenüber AFP, Schoigu sei „bereit gewesen, den Dialog über die Ukraine wieder aufzunehmen“, aber „Frankreich hat weder etwas akzeptiert noch vorgeschlagen“, was die Ukraine betrifft. Obwohl sie über ein Telefonat sprachen, das sie gerade mit dem russischen Verteidigungsminister geführt hatten, erklärten Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums gegenüber Le Monde dreist: „Dieser Anruf darf nicht als Versuch gesehen werden, erneut einen Kommunikationskanal mit den Russen zu eröffnen.“
Dennoch wurde das Telefonat laut russischen wie französischen Berichten auf Frankreichs dringendes Ersuchen hin initiiert. Le Monde berichtete: „Da sich das französische Verteidigungsministerium bewusst war, dass das Telefonat Unruhe auslösen könnte, warnte es mehrere seiner europäischen Partner im Vorfeld und kontaktierte sie anschließend, vor allem um russische Manipulationsversuche zu unterbinden.“
Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums erklärten: „Der Kampf gegen den Terrorismus hat für die Regierung Priorität. Er hat nichts mit der Ukraine zu tun.“ Sie verwiesen auf den schrecklichen Anschlag in Moskau mit 144 Toten und 551 Verwundeten, den ethnische Tadschiken verübt hatten, die angeblich aus dem Umfeld der Gruppe Islamischer Staat Khorasan stammen.
Sie erklärten weiter, Lecornu habe „daran erinnert, dass Frankreich zu einem verstärkten Austausch“ mit Russland über Antiterror-Operationen bereit ist. Er habe Schoigu erklärt, Frankreich habe „keine Informationen, die diesen Anschlag mit der Ukraine in Verbindung bringen.“ …
Das Telefonat zwischen Schoigu und Lecornu muss als Warnung vor der unmittelbaren Gefahr einer Eskalation des NATO-Kriegs gegen Russland in der Ukraine verstanden werden. Diese Gefahr geht in erster Linie nicht von dem postsowjetischen kapitalistischen Regime des russischen Präsidenten Wladimir Putin aus, sondern von Frankreich und seinen NATO-Verbündeten. Dass Frankreich Schoigus Angebot zu Friedensverhandlungen abgelehnt hat, widerlegt die Propaganda, die Russland als Bedrohung für ganz Europa darstellt, und zeigt, dass nicht Moskau die treibende Kraft in dem Krieg ist, sondern die NATO.