Von Andre Damon und Joseph Kishore – 26. September 2022
Nächsten Monat jährt sich die Kubakrise zum 60. Mal. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Welt einem Atomkrieg nie näher gekommen. Die letzte Phase der Krise begann am 22. Oktober 1962, als US-Präsident John F. Kennedy in einer landesweit ausgestrahlten Rede ankündigte, dass die US-Marine eine „Quarantäne“ verhängen werde, um die weitere Verbringung von atomwaffenfähigen Raketen aus der Sowjetunion nach Kuba – nur einige hundert Meilen vor der Küste Floridas – zu verhindern. Obwohl die Blockade der US Navy bis in den November hinein andauerte, wurde die Krise am 28. Oktober durch ein Abkommen zwischen den USA und der UdSSR de facto beendet. Als Gegenleistung für den Abzug der sowjetischen Raketen aus Kuba versprachen die Vereinigten Staaten insgeheim, ihre Raketen aus der Türkei abzuziehen. In den dazwischen liegenden sechs Tagen stand die Welt am Rande eines Atomkriegs, der die Menschheit potenziell hätte vernichten können. Die Krise ist für den aktuellen Konflikt der USA und der NATO in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Erstens muss an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen werden, dass die USA heute zwar jegliche Bedenken Russlands bezüglich einer Aufnahme der Ukraine in die NATO und der massiven militärischen Aufrüstung eines Landes an der Grenze zu Russland in den Wind schlagen. Doch waren sie während der Kubakrise selbst dazu bereit, wegen einer sowjetischen Militärpräsenz in der westlichen Hemisphäre einen Atomkrieg zu riskieren. Zweitens sprach Kennedy, als er die „Quarantäne“ anordnete, für eine Fraktion der herrschenden Klasse der USA, die auch auf dem Höhepunkt der Krise versuchte, einen Ausweg durch eine Verhandlungslösung zu finden. Die Kennedy-Regierung widersetzte sich denjenigen Kreisen aus dem militärischen und politischen Establishment, die die Bombardierung und Invasion Kubas und einen Krieg mit der Sowjetunion forderten – eine Tatsache, die letztlich zu seiner Ermordung ein Jahr später beitrug.