Von Thomas Röper – 19. Juni 2024
Die Lage in Armenien spitzt sich zu. Das formell mit Russland verbündete Land wendet sich offen der Ukraine zu, will die Kontakte zu Weißrussland abbrechen, das Bündnis mit den GUS-Staaten beenden und sich dem Westen zuwenden. Eine wichtige Rolle spielt dabei Politico.
In Armenien regiert Ministerpräsident Paschinjan, der für alle Folgen seiner Entscheidungen Russland verantwortlich macht und in seinem Land eine antirussische Stimmung erzeugen will, was aber nur bedingt gelingt. Paschinjan will sein Land dem Westen annähern, obwohl es traditionell ein Verbündeter Russlands ist. Beide Länder sind zusammen mit Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan im Verteidigungsbündnis OVKS der GUS-Staaten zusammengeschlossen. […]
Der Kern von Paschinjans Vorwürfen gegen Russland und die OVKS ist, dass die Organisation Armenien 2020 nicht zur Hilfe gekommen ist, als Aserbeidschan die nicht anerkannte, von Armeniern bewohnte Republik Bergkarabach angegriffen hat. Allerdings hatte die OVKS gar keinen Grund, Armenien zur Hilfe zu kommen, denn Aserbeidschan hatte nicht Armenien angegriffen, sondern Bergkarabach, das nicht einmal von Armenien selbst als Staat anerkannt wurde und erst recht kein Mitglied der OVKS war. Das allerdings ignoriert Paschinjan und wirft Russland vor, Armenien im Stich gelassen zu haben.
Präsident Putin persönlich hat damals den Waffenstillstand vermittelt, der den Krieg beendet hat. Später hat Paschinjan ohne jeden ersichtlichen Grund verkündet, er erkenne an, dass Bergkarabach Teil Aserbeidschans sei, woraufhin es 2023 zu einem weiteren kurzen Waffengang kam, in dem Aserbeidschan die Kontrolle über Bergkarabach übernommen hat. Die armenische Bevölkerung aus Bergkarabach ist daraufhin nach Armenien geflohen, was im Land zu großen Problemen geführt hat.
An all dem gibt Paschinjan Russland die Schuld, obwohl es sich um Entwicklungen handelt, die Paschinjan selbst verursacht hat, während Moskau versucht hat, eine Verhandlungslösung über Bergkarabach zwischen Armenien und Aserbeidschan zu erreichen. Ich habe im April ausführlich über all diese Entwicklungen und ihre historischen Ursprünge berichtet, bei Interesse finden Sie den Artikel hier.
Paschinjan nutzt die von ihm selbst geschaffenen Probleme, um in Armenien zu propagieren, Russland habe Armenien verraten und die OVKS sei als Bündnis wertlos, während er gleichzeitig eine möglichst schnelle Annäherung an die EU und die NATO vorantreibt. Das ist klassische Geopolitik, denn Paschinjan wird dabei nach Kräften von den USA und westlichen NGOs unterstützt, deren Ziel es ist, Russland einen weiteren Verbündeten zu entreißen und einen weiteren Unruheherd in Russlands Umgebung zu schaffen.