Von Alexander Boulerian – 6. August 2022
Anlässlich des Medien-Marsches am 1. August 2022, der innerhalb der Woche der Demokratie in Berlin stattfand, beteiligte sich auch die Initiative Leuchtturm ARD ORF SRG an der Demonstration.
Die Initiative begreift sich als Vertretung von Lesern, Zuschauern und Beitragszahlern und möchte zu einer ausgewogeneren Berichterstattung vor allem der öffentlich-rechtlichen Medien beitragen. Seit Monaten bemüht sich die Initiative um einen Dialog mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Inzwischen hat die Initiative, die sich ursprünglich schlicht Leuchtturm ARD nannte (wobei ARD für Arbeitsgemeinschaft Redlicher Diskurs steht), ihre Aktivitäten auf Österreich und die Schweiz ausgedehnt, sowie auch auf große private Medienanstalten ausgeweitet.
Ein Zug von Tausenden Freunden von Demokratie und Freiheit spazierte am 1. August zu den sechs wichtigsten Medienkonzernen der Hauptstadt: ARD, ZDF, Funke Medien, Tagesspiegel, taz und Axel Springer, um Briefe an die Vertreter der Vierten Säule in Deutschland zu übergeben, mit denen dieser Dialog eröffnet werden sollte.
In ihren Dialogbriefen appelliert die Initiative an die große Verantwortung der Medien ‒ insbesondere der öffentlich-rechtlichen ‒, die mit ihren Berichten und Bildern das „Denken, die Haltung und das Handeln” der Menschen massiv beeinflussten. Seit Corona sei verstärkt eine Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu beobachten, „weil sich immer mehr Menschen eine ausgeglichene und kritische Berichterstattung wünschen, die alle Standpunkte einbezieht.”
Lediglich beim Tagesspiegel klappte die Übergabe ‒ der Brief wurde dem Sicherheitsdienst übergeben ‒ taz und Springer verweigerten die Annahme des Briefes. Den Rundfunk-anstalten ARD und ZDF liegt der Brief inzwischen mehrfach vor.
„Die Vierte Säule der Gewaltenteilung wird in Deutschland angeführt von einem Multi-Milliarden-Medien-Konzern, der von den Beitragszahlern über Zwang finanziert wird, daraus ergeben sich Pflichten für die Rundfunkanstalten‟, erläutert der Gründer der Initiative, Jimmy Gerum, deren Beweggründe und Ziele.
Von anderen Gruppierungen, die eine Abschaffung der Rundfunkgebühren fordern, distanziert sich Gerum. Denn dieser Zwang könnte durchaus zielführend und sinnvoll sein, ist sich Gerum sicher. Für die im Medienstaatsvertrag festgelegte Multipolarität, Ausgewogenheit und Staatsferne bei der Berichterstattung lohne es sich durchaus, einen Beitrag zu leisten. Gerum räumt ein, dass nichts wertvoller wäre für die kreative Gestaltung unserer zukünftigen Gesellschaft als eine politisch mündige und umfassend aufgeklärte Bevölkerung. Doch hier komme der Haken: „Wir leben in einer nachweislich desinformierten Welt. Das ist akademisch überprüfbar.‟ Gerum spricht es nicht aus, aber es liegt auf der Hand, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, aber auch die anderen sogenannten Qualitätsmedien mit ihrer immer noch enormen Reichweite und scheinbaren Seriosität in seinen Augen einen erheblichen Anteil an dieser Desinformation haben. Für Gerum und die Mitglieder seiner Initiative ist dies mehr als ein triftiger Grund, „unsere Rundfunkbeiträge, mit einer Protestnote versehen, vorerst einzubehalten‟, erläutert er. Darüber müsse gesprochen werden. Es brauche eine mutige, starke und unabhängige Vierte Säule der Gewaltenteilung. „Wir wollen einen fairen Runden Tisch auf Augenhöhe mit der Mutter der Leitmedien, unserem öffentlichen Rundfunk.‟
Im Dialog mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sieht die Initiative den Beginn eines demokratischen Dialogs, der Zug um Zug auf alle relevanten gesellschaftlichen und politischen Konfliktfelder ausgedehnt werden müsse. Der Runde Tisch ist für Gerum deshalb nicht nur ein Symbol, sondern das probate Medium einer dialogischen Demokratie unter Einbeziehung der gesamten Bevölkerung. „Wir wollen Runde Tische für Mali, für den Jemen, für die Ukraine und für Russland, für jeden Konflikt dieser Erde. Wir lassen unsere Menschheitsfamilie nicht länger von Einzelinteressen verletzen und spalten. Wir sind viele, wir sind die 99 Prozent und wir beginnen diese großartige Vision von einer friedlichen Menschheitsfamilie bei dem einen Hebel, den wir in unseren eigenen Händen halten (könnten). Unser Multi-Milliarden-Medien-Konzern, den wir mit unserem eigenen sauer verdienten Geld bezahlen. Der öffentliche Rundfunk gehört uns und darüber wollen wir reden mit ihm.‟
Das mag naiv klingen, ist aber nicht nur sympathisch, sondern auch durchaus ernst gemeint. Der Medien-Spaziergang durch Berlin war nur Teil einer umfassenden Mobilisierung der Initiative Leuchtturm ARD ORF SRG. Und Jimmy Gerum und seine Mitstreiter haben auch schon einiges erreicht. Mit ihren Mahnwachen werden von Woche zu Woche mehr deutsche und österreichische Städte in die friedliche Mobilisierung für eine starke, mutige und nicht staatsnahe Vierte Säule einbezogen. Die Initiative Leuchtturm ARD ORF SRG ruft noch für den gesamten August zur Beteiligung an ihren Mahnwachen in Deutschland und Österreich auf. Eine tagesaktuelle virtuelle Landkarte aller Mahnwachen ist auf der Webseite der Initiative LeuchtturmARD.de zu finden.