Von Verena Nees – 25. September 2022
Lorenz Nasturica-Herschcowici, seit 30 Jahren Erster Konzertmeister bei den Münchner Philharmonikern, ist Ende vorletzter Woche wegen „Russland-Nähe“ gekündigt worden. Der gebürtige Rumäne wurde 1992 vom damaligen Chefdirigenten, dem weltberühmten Sergiu Celibidache entdeckt und für das Münchner Orchester gewonnen. Er repräsentierte wie kein anderer die Klangschönheit, die so bezeichnend vor allem für die Bruckner-Aufführungen unter Celibidache waren. Völlig zu Recht wurde Nasturica-Herschcowivi als „Teufelsgeiger“ … gefeiert, in Anlehnung an den Genueser Geigenvirtuosen Niccolo Paganini an der Schwelle zum 19. Jahrhundert. … Die Münchner rot-grüne Stadtregierung wirft dem rumänischen Geiger schon seit Mai vor, „Teil der Propagandamaschinerie Putins“ (Florian Roth von den Grünen) zu sein, weil er neben seiner Tätigkeit für die Münchner Philharmoniker zusätzlich auch mit dem Mariinsky-Orchester unter Leitung von Valery Gergiev aufgetreten ist. Dies sei rechtlich zwar möglich, so die Münchner SPD-Kultursprecherin Julia Schönfeld-Knor, die auch Mitglied im Philharmonischen Rat ist, aber „aus ethischen Gründen abzulehnen“. Valery Gergiev war bereits Anfang März als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker entlassen worden. Das Vorgehen erinnert an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte. Vor über 80 Jahren wurden nicht nur die Karrieren von jüdischen Künstlern vernichtet, sondern auch die von ihren Freunden oder Ehepartnern, sofern sie sich nicht von ihnen trennten. Nun wird einem Rumänen mit jüdischen Namen (Herschcovici) zum Vorwurf gemacht, dass er sich nicht vom russischen Dirigenten Valery Gergiev trennt. Die Medien unterstützen dies und befeuern die anti-russische Hetze: Der Konzertmeister habe „einen lukrativen Nebenjob“ begonnen, indem er mit Gergiev auf Tournee ging, so der Bayrische Rundfunk. Man kenne ja Gergievs „Besitztümer und üppige Honorare“, geht es naserümpfend weiter. „Derweil“ lasse sich dieser „vom russischen Publikum feiern“.