Von Thomas Röper – 16. Februar 2024
Die Meldungen aus Rafah, wo knapp 1,5 Millionen Flüchtlinge zusammengedrängt sind, werden dank der israelischen Angriffe immer apokalyptischer. Die Reaktion westlicher Medien und Politiker zeigt die zynische Doppelmoral des Westens.
Am 7. Februar hat der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärt, dass das israelische Militär den Befehl erhalten habe, sich auf den Beginn der Kämpfe in Rafah an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten vorzubereiten. In der Stadt sind den israelischen Angriffen knapp 1,5 Millionen Zivilisten schutzlos ausgeliefert.
Zwei Tage später wies Netanjahu die Armee an, einen „Doppelplan“ zur Evakuierung der Zivilbevölkerung und für „massive Operation“ in der Stadt auszuarbeiten. In der Nacht zum 12. Februar berichteten arabische Medien über massive israelische Militärschläge auf Rafah, bei denen 100 Menschen getötet und mehr als 230 verletzt wurden.
Aus dem Westen gibt es weiterhin keine ernsthafte Kritik am israelischen Vorgehen. …
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat vor den schlimmen Folgen der verstärkten Kämpfe in Rafah gewarnt, wo sich die Binnenflüchtlinge zusammendrängen, die vor den israelischen Bomben aus den nördlichen Teilen des Gazastreifens fliehen mussten. In einer in Genf veröffentlichten Erklärung erklärte der IKRK-Regionaldirektor für den Nahen und Mittleren Osten, dass das Leben zahlreicher Menschen in Rafah auf dem Spiel stehe und dass die Konfliktparteien Maßnahmen ergreifen müssten, um diese Menschen zu retten:
„Angesichts der Militäroperation in der dicht besiedelten Stadt Rafah fordern wir die Konfliktparteien und alle, die Einfluss auf sie haben, erneut auf, das Leben und die Infrastruktur der Zivilbevölkerung zu schonen und zu schützen. (…) Es stehen unzählige Leben auf dem Spiel. Nach dem humanitären Völkerrecht müssen die Konfliktparteien sicherstellen, dass die grundlegenden Lebensbedürfnisse erfüllt werden, und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen.“
Das IKRK-Hauptquartier in Genf warnte die Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft vor „den schrecklichen Folgen einer Intensivierung und Verlängerung der Kämpfe in Rafah“. Das IKRK meint, dass „eine neue Phase des Konflikts beginnt und es von entscheidender Bedeutung ist, das Leben der Zivilbevölkerung zu schützen“. Selbst inmitten des Gemetzels und der extremen Polarisierung müsse „das Grundprinzip der Menschlichkeit aufrechterhalten werden“, erinnerte das Rote Kreuz.
370 Angriffe auf Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen in vier Monaten
Der Sprecher der WHO in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten, erklärte bei einer Pressekonferenz in Genf, dass seit dem 7. Oktober 2023 im Gazastreifen 378 Angriffe auf die Infrastruktur der Gesundheitsversorgung verübt wurden, dass etwa 70 Mitarbeiter des Gesundheitswesens festgenommen wurden und dass 22 von 36 Krankenhäusern nicht funktionsfähig seien.
Von den 14 Krankenhäusern, die in Betrieb sind, seien elf „teilweise“ und drei „minimal“ funktionsfähig. Alle Krankenhäuser leiden jedoch „unter Versorgungsengpässen“. Mehr als 8.000 Patienten, darunter 6.000 Verletzte, benötigen medizinische Versorgung außerhalb des Gazastreifens.
Wenn man bedenkt, wie westliche Medien jeden angeblichen russischen Angriff auf ukrainische Gesundheitseinrichtungen in großen Schlagzeilen beklagen, wird die Doppelmoral des Westens hier besonders deutlich, denn bei 378 Angriffen auf Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen in knapp vier Monaten, also etwa 120 Tagen, hätten die westlichen Medien, wenn sie bei Israel die gleichen Maßstäbe anlegen würden, wie bei Russland, täglich drei solche empörten Artikel über Israels Vorgehen in Gaza veröffentlichen müssen.