Von Stefan Steinberg – 18.Oktober 2023
Eine prominente palästinensische Autorin wird auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, die am Dienstagabend eröffnet wurde, zensiert. Die palästinensische Romanautorin Adania Shibli sollte am 20. Oktober auf dieser weltgrößten Buchmesse mit dem LiBeraturpreis 2023 ausgezeichnet werden. Der Preis wird jährlich an Schriftstellerinnen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und dem arabischen Raum verliehen.
Am vergangenen Freitag erklärte der Verein LitProm, der den Preis vergibt, dass er die Preisverleihung „aufgrund des durch die Hamas begonnenen Kriegs, unter dem Millionen Menschen in Israel und Palästina leiden“, verschiebe. Litproms feige Entscheidung, Shibli keine Plattform zu bieten, wurde durch den Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, bekräftigt, der sich eindeutig hinter das ultrarechte israelische Regime stellte, das derzeit einen mörderischen Einmarsch in den Gazastreifen vorbereitet. In einer offiziellen Erklärung bezeichnete Boos im Namen der Buchmesseleitung das, was eine Reaktion der Hamas auf jahrzehntelangen israelischen Terror und Unterdrückung war, als „barbarischen Terrorkrieg gegen Israel“. Boos erklärte: „Terror darf niemals siegen“, und versicherte, dass die Buchmesse „jüdische und israelische Stimmen auf der Buchmesse nun besonders sichtbar machen“ werde. Die Buchmesse habe sich „spontan entschlossen, zusätzliche Bühnenmomente für israelische und jüdische Stimmen zu schaffen“, so Boos weiter. „Zum Messeauftakt organisiert der PEN Berlin zusammen mit uns die Veranstaltung ‚Aus Sorge um Israel‘ im Frankfurt Pavillon, der kulturpolitischen Bühne der Messe.“ Boos‘ Erklärung endet mit den Worten: „Die Frankfurter Buchmesse steht mit voller Solidarität an der Seite Israels.“ Boos enthielt sich jeglicher Kritik an der Entscheidung von Litprom, Adania Shiblis Preisverleihung auf der diesjährigen Buchmesse zu verhindern.
Bei der Eröffnung am Dienstagabend widersprach der Philosoph Slavoj Žižek, der das Gastland Slowenien vertrat, dem Messedirektor. Er bezeichnete die Entscheidung, die Buchpreisverleihung an Adania Shibli von der Buchmesse zu verbannen, als „skandalös“. Diejenigen, die nicht in das allgemeine Bild von Diversität und Inklusion passten, würden ausgeschlossen. „Ich bin deshalb nicht nur stolz, hier zu sein, ich schäme mich auch ein bisschen“, so Žižek, der in seiner Rede zunächst Israel sein „Recht auf Selbstverteidigung“ zusprach, aber dann auch auf das Leid der im Gazastreifen lebenden Palästinenserinnen und Palästinenser hinwies. Während er dafür von der großen Mehrheit der Zuhörer Applaus erhielt, verließen mehrere anwesende Politiker – darunter der Antisemitismusbeauftragte der hessischen Landesregierung Uwe Becker (CDU) – den Saal.