Von Emanuel Kapfinger – 16. April 2022
Philosophische Reflexionen über eine Solidarität, die nicht mehr nur helfen will, sondern zum Waffengang ruft. – Am 24. Februar wachte Europa mit einer Nachricht auf, die kaum jemand für möglich gehalten hatte: Es gebe „erstmals“ seit 1945 wieder Krieg auf europäischem Boden. Entsetzen ergriff die Menschen angesichts der Bilder des Schreckens: Durch die Ukraine rollende Panzerbataillone, zerbombte Wohnhäuser, in U-Bahn-Schächten ausharrende Menschen. Sie entfachten eine Welle der Empathie, die eine überwältigende Hilfsbereitschaft in der europäischen Bevölkerung hervorrief. Am selben Tag noch sprangen aber auch die ideologischen Apparate an und speisten das Entsetzen, die Empathie und die Solidarität in eine Ideologie der „freien Welt“ ein. Es waren „wir“, die mit der Ukraine angegriffen wurden. Binnen weniger Stunden konstituierte sich eine dichte, von der Realität entrückte Ideologie-Blase, die mit harten moralischen Bandagen eine militärische Antwort der NATO einforderte. Bald kamen die ersten Stimmen auf, die die Wiederaufrüstung Deutschlands forderten, die am darauffolgenden Sonntag von der Regierung beschlossen und vom Parlament bejubelt wurde. Wer nun noch auf friedenspolitisch informiertem, bedachtsamem Handeln bestand oder gar die imperialistischen Bestrebungen des Westens kritisierte, den traf die Verurteilung, Unterstützer Putins zu sein und den Krieg mitentfacht zu haben.