Von Tom Carter – 10. Juni 2024
Am Donnerstag gaben führende Vertreter des US-Kongresses bekannt, dass der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am 24. Juli vor dem Kongress sprechen wird. Mit dieser Einladung – eine der höchsten Ehrungen, die einem ausländischen Staatsoberhaupt zuteil werden kann – identifiziert sich das gesamte politische Establishment der USA und beide imperialistischen Parteien vollständig mit Völkermord.
Die förmliche Einladung vom 31. Mai, die an „Seine Exzellenz Benjamin Netanjahu“ adressiert ist, erging im Namen „der führenden Vertreter aus beiden Parteien im Repräsentantenhaus und dem Senat der Vereinigten Staaten“. Unterzeichnet wurde sie vom republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, dem republikanischen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, dem demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Charles Schumer, und dem Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries.
„Wir schließen uns dem Staat Israel in seinem Kampf gegen den Terror an“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben, in dem auch „Amerikas Solidarität mit Israel“ betont wird. Angeblich gehe es den USA darum, „die Demokratie [zu] verteidigen“.
Der kurze gemeinsame Brief bestätigt die Analyse der World Socialist Web Site. Die WSWS hat das gewaltsame Vorgehen in Gaza als eine der Fronten in einem sich ausweitenden imperialistischen Weltkrieg analysiert und Israel als einen entscheidenden Verbündeten gegen „das enger zusammenrückende Bündnis zwischen Iran, Russland und China“ charakterisiert.
Die parteiübergreifende Einladung an Netanjahu erfolgte genau eine Woche, nachdem der Internationale Gerichtshof (IGH) in einer Entscheidung auf Grundlage der Völkermordkonvention von 1948 Israel dazu aufgefordert wurde, seine „Militäroffensive [gegen Rafah] sofort einzustellen“. Die Entscheidung des IGH erging nur wenige Tage, nachdem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Haftbefehle gegen Netanjahu und den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant beantragt hatte. Sie werden der „Ausrottung“ von Zivilisten beschuldigt.
Das Netanjahu-Regime reagiert auf diese Entscheidungen, indem es seinen Vernichtungskrieg gegen Rafah beschleunigt fortsetzt. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung des Gazastreifens, d.h. 1,7 Millionen Menschen, wurden auf weniger als einem Fünftel seiner Fläche zusammengedrängt, wo sie ständiger Bombardierung ausgesetzt sind und es ihnen an grundlegender ziviler Infrastruktur und lebensnotwendigen Gütern fehlt.
In diesem Kontext hat die Einladung an Netanjahu einen besonders unverschämten Charakter. Sie rollt einem berüchtigten Kriegsverbrecher, der von Kopf bis Fuß mit frischem Blut bespritzt ist, den roten Teppich aus, ganz so als wolle sie verkünden: „Ja, wir begehen einen Völkermord, und nein, ihr werdet uns nicht aufhalten.“