Von Thomas Röper – 15. Januar 2024
Der US-Verteidigungsminister ist, während sein Land in vielen Kriegen kämpft, in eine medizinische Behandlung verschwunden, ohne irgendwen zu informieren.
Über den Skandal um US-Verteidigungsminister Austin, der in eine medizinische Behandlung verschwunden ist, ohne irgendwen zu informieren, während sein Land in vielen Kriegen kämpft, schlägt in den USA hohe Wellen. Hier zeige ich, wie das russische Fernsehen am Sonntag in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick darüber und über die anderen Ereignisse der politischen Woche in den USA berichtet hat. …
Der Streisand-Effekt: Dem Pentagon-Chef droht wegen seiner Geheimniskrämerei ein Amtsenthebungsverfahren
Ein so radikaler chirurgischer Eingriff findet immer unter Vollnarkose statt und dauert mehr als eine Stunde. Das heißt, Vier-Sterne-General Austin wusste, dass er viele Stunden nicht erreichbar sein wird, und hat den Oberbefehlshaber der USA, Präsident Joseph Biden, nicht informiert.
Biden hat sich jedoch nicht darum gekümmert, genauso wenig wie er sich darum gekümmert hat, als Lloyd Austin am ersten Tag des neuen Jahres mit einer postoperativen eitrig-septischen Komplikation des Urogenitalsystems in die Intensivstation desselben Nationalen Militärmedizinischen Zentrums eingeliefert wurde, in dem er zuvor wegen Prostatakrebs operiert wurde. Diese Komplikation tritt bei solchen Operationen in etwa fünf Prozent der Fälle auf, verschwindet aber in der Regel schnell und zu Hause, aber bei Austin war sie besonders schwerwiegend. Das medizinische Zentrum teilte mit, dass der General „mit Übelkeit, starken Schmerzen im Bauch, in der Hüfte und im Bein“ eingeliefert wurde.
Lloyd Austin wiederum informierte das Weiße Haus nicht über sein Verschwinden und verwies später auf die intime Natur einer solchen Operation und die Komplikationen danach. Aber jetzt sprechen alle über die Details des Zustands des Ministers.
In der Soziologie nennt man das den „Streisand-Effekt“. Das Phänomen besteht darin, dass sich verborgene Informationen lawinenartig verbreiten und viel mehr Aufmerksamkeit erregen. Benannt ist der Effekt nach der Oscar-prämierten Schauspielerin und Sängerin Barbra Streisand. Vor etwas mehr als 20 Jahren verlangte sie unter Androhung einer Klage in Höhe von 50 Millionen Dollar, ein Foto ihres Hauses in Kalifornien zu löschen, doch der Rechtsstreit erregte erst die Aufmerksamkeit und das Bild von Streisands Haus verbreitete sich mit vielen Millionen Downloads im Netz. Jetzt hat der Streisand-Effekt Lloyd Austin getroffen.
Das Wichtigste an dieser Geschichte sind jedoch nicht die intimen Details der männlichen Gesundheit des Generals, sondern die Tatsache, dass der Verteidigungsminister einer Atommacht in einer Zeit, in der die USA an mehreren Fronten von der Ukraine bis zum Nahen Osten Kriegshandlungen mit der Aussicht auf eine scharfe und unerwartete Eskalation durchführen, es für möglich hält, sich unabgemeldet unter Narkose zu begeben, und dass der an Demenz leidende US-Präsident nicht das Bedürfnis verspürt, mit seinem Verteidigungsminister täglich wenigstens kurz zu reden. In Amerika hat man sich bereits an den Kopf gefasst und gesagt, dass Wladimir Putin und Xi Jinping genau wussten, wo Austin war, Biden aber nicht. Doch in Russland hat die Kehrtwende für Unverständnis gesorgt.