Von Thomas Röper – 8. Dezember 2023
Westliche Medien verschweigen ihren Lesern geopolitische Zusammenhänge und verhindern damit, dass das westliche Publikum verstehen kann, was in der Welt warum passiert. Das Problem ist, dass die westlichen Journalisten selbst offensichtlich nichts von Geopolitik verstehen und selbst die Märchen glauben, die sie ihren Lesern erzählen.
Der Spiegel hat sehr explizit gezeigt, dass seine Redaktion entweder keine Ahnung von geopolitischen Zusammenhängen hat, oder dass sie die Leser absichtlich dumm hält. Am 7. Dezember ist dort ein Artikel mit der Überschrift „Die Lage am Abend – Haben die USA weder ewige Verbündete noch ewige Feinde, sondern nur dauerhafte Interessen?“ erschienen und ich hatte die naive Hoffnung, dass der Spiegel seinen Lesern endlich mal ein bisschen Wahrheit erzählt.
Keine Freunde, nur Interessen
Dass es zwischen Staaten keine Freundschaft, sondern nur Interessen gibt, ist eine Grundregel der Geopolitik. Es geht in der internationalen Politik nie um Freundschaft oder gar Menschenrechte und Demokratie, sondern immer um handfeste finanzielle oder machtpolitische Interessen. Diese Wahrheit hat in Deutschland zuletzt Egon Bahr, der Architekt der Ostpolitik von Willy Brandt ausgesprochen. Bahr sagte 2013 vor Schülern in Heidelberg den für das Verständnis von Geopolitik entscheidenden Satz:
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
Aber solche Aussagen verschweigen die westlichen Medien gerne und erzählen ihrem Publikum stattdessen Märchen über edle Ziele wie die Verbreitung von Demokratie und Menschenrechten. Die westlichen Medien halten ihr Publikum bewusst dumm.
Das hat der oben erwähnte Spiegel-Artikel wieder sehr eindrücklich unter Beweis gestellt. Er begann mit folgendem Absatz:
„Der stolze Römer Julius Cäsar, mit dessen angeblich leicht zu übersetzenden Schriften ich mich im Lateinunterricht ziemlich gequält habe, soll mal gesagt haben: »Wir haben weder ewige Verbündete noch ewige Feinde. Wir haben nur dauerhafte Interessen.« So ähnlich scheinen viele Leute in den USA zu denken. Die Republikaner haben neue Hilfen für die Ukraine und Israel bei einer sogenannten Probeabstimmung im Senat zumindest vorläufig blockiert.“
Die Leser für dumm verkaufen
Bemerkenswert ist, dass der Spiegel das Zitat von Cäsar erwähnt, um es danach zu widerlegen. Der Spiegel verkauft seine Leser für dumm, wie dieser Absatz aus dem Artikel anschaulich zeigt:
„Mein Kollege Roland Nelles kommentiert die Senatsentscheidung – und schreibt über den Wunsch vieler US-Bürger, die eigene Regierung möge sich auf den Schutz des eigenen Territoriums konzentrieren. Es ist ein für den Rest der Welt gefährlicher Wunsch, findet er. »Eine Frage, die die Kritiker von Amerikas Rolle als Weltpolizist noch nie beantworten konnten, lautet: Wer soll in dem ständigen Chaos der internationalen Beziehungen denn sonst für so etwas wie Ordnung sorgen, wenn es die USA nicht tun? Etwa die Uno, die Russen oder die Europäer? Lange nicht so gelacht.«“
Dass die USA den Weltpolizisten spielen, will außer den Transatlantikern in den USA und Europa niemand auf der Welt, zumal die USA nicht nur Weltpolizist sein wollen, sondern auch gleich noch Weltstaatsanwalt, Weltrichter und vor allem Weltgesetzgeber, um selbst die Regeln aufzustellen und jederzeit zu ändern, nach denen die Welt im Interesse der USA leben soll. Und wenn jemandem diese Regeln nicht gefallen, wollen die USA Ankläger und Richter in einer Person sein.