Von Marianne Arens – 14. April 2023
„Rettungsplan“ – so nennt sich das jüngste Projekt der Zerschlagung von Galeria Karstadt Kaufhof, des letzten großen deutschen Warenhauskonzerns. Am 27. März hat die Gläubigerversammlung in Essen dem „Rettungsplan“ zugestimmt, der die Vernichtung von 47 der bundesweit noch 129 Filialen bis Ende Januar 2024 vorsieht. Viele Galeria-Kaufhäuser werden sogar schon Ende Juni 2023 geschlossen sein. Rund 4000 Arbeitsplätze in den Filialen und etwa 300 in der Essener Zentrale werden laut dem Plan vernichtet, den der bisherige Vorstandschef Miguel Müllenbach zusammen mit Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz in Essen vorlegte. Kurz vor Ostern flatterten den Beschäftigten erste Kündigungen ins Haus. Viele von ihnen hatten ihr Leben lang in einer oder mehreren GKK-Filialen gearbeitet. Hunderte weitere Stellen sind bei Firmen und Verteilzentren bedroht, die von GKK abhängig sind. Dazu gehört auch das große Warenverteilzentrum Fiege (vormals Karstadt, danach DHL) in Unna, östlich von Dortmund, das heute rund 1400 Beschäftigte zählt. Es rechnet mit einem Auftragsrückgang um 40 Prozent und wird sich voraussichtlich von einem Großteil seiner Belegschaft trennen. Wer seinen Arbeitsplatz bei Galeria Karstadt Kaufhof behält, weil die Filiale weiter besteht, muss auf Dauer mit Lohnverzicht und einer noch größeren Arbeitslast als bisher rechnen. Dabei verzichten die GKK-Beschäftigten schon seit Jahren für den Konzern auf Lohnbestandteile. Ihre Gehälter liegen im Durchschnitt pro Jahr um 5500 Euro unter dem üblichen Branchentarifvertrag. Gegen den Kahlschlag wächst der Protest, und in den letzten Tagen ist es zu Streiks in den Kaufhäusern und Kundgebungen in den Stadtzentren gekommen. Am Karsamstag streikten Beschäftigte in gut einem Dutzend Filialen in Hessen, Baden-Württemberg und Hamburg, und am Mittwoch und Donnerstag nach Ostern legten erneut Verkäuferinnen und Verkäufer in über 20 Filialen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz die Arbeit nieder. „Es tut weh, nach 38 Jahren die Arbeit zu verlieren“, sagte eine streikende Dekorateurin in Nürnberg. Auf selbstgemalten Pappschildern stand: „Danke für Nix“, oder einfach nur: „Wut“. Zu den Streiks aufgerufen hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die jedoch überhaupt nicht gegen die Schließungen kämpft. Als offizielles Ziel der Warnstreiks nennt Verdi die seit Februar laufenden Verhandlungen über einen Entgelttarifvertrag – für diejenigen Beschäftigten, die bleiben können. In den offiziellen Verdi-Statements heißt es, die Gewerkschaft fordere „die Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge des Einzelhandels sowie den Insolvenzschutz für Zeitgutschriften und Zahlungsansprüche“. Das bedeutet nichts anderes, als dass Verdi die Insolvenz selbst mit allen Schließungen bereits akzeptiert hat und jetzt mit durchsetzt. Daran ändert auch die beschwörende Aussage des Verdi-Vorstandsmitglieds Steffi Nutzenberger nichts, dass „wir weiter um die von Schließung bedrohten Filialen kämpfen werden“.